dr. jur. Hubert Lang

Nachlass Martin Drucker, Briefe und Fotos

Lest mal den Absender!!! auf dem Briefumschlag!

Dresden, 20.X.1945

Lieber Fempe, liebe Renate und liebe Ursel!

Es sind nun schon (?) volle Wochen vergangen, seit Du, liebe Renate, wie die „Frau aus dem Märchenland“ in unserer Klause auftauchte, nur zu den Geburtstäger dann leider für uns unsichtbar blieb, sodaß wir nicht mal die ihm zugedachten mündlichen und blumenhaften Wünsche anbringen konnten. ich möchte nun wenigstens nachträglich Dir, mein lieber Onkel Martin, noch zum neuen Lebensjahr von ganzen Herzen Gutes wünschen, Linderung der Wunden, die das letzte Jahr (und die vorangegangenen) Dir geschlagen haben, Erfüllung dessen, was wir uns insbesondere wegen der lieben Ina mit ganzer Seele wünschen und hoffen dürfen und manch‘ Quäntchen Freude im engsten Familienkreis, der Dich umgibt und lieb hat. Laß‘ dazu auch uns gehören und – wie ich hoffe – wieder öfter Gelegenheit finden, es Dir zu zeigen und mit Dir und Euch allen zusammen zu sein! Gar zu gern hätte ich mich in diesen Tagen einem „Messe“-Zug anvertraut, um mal wieder in Leipzig bei Euch aufzutauchen und Büro und Wohnung in der jetzigen Gestalt kennenzulernen. Aber es ließ sich dann doch nicht so einfach einrichten, denn iczh bin in der Landesverwaltung doch richtig „angebunden“.
Mit den nachträglichen Geburtstagswünschen für Dich, lieber Fempe, möchte ich dann den nochmaligen Dank verbinden für die schönen, so liebevoll ausgesuchten Gaben und Überraschungen, die Du, liebe Renate, uns gebracht hast. Karls Seligkeit über die mit dem fabelhaften und so zutraulichen Kater sowie den ausgesucht schönen Äpfeln ausstaffierte Zuckertüte war groß, und unsere Mitfreude und das Mitgenießen nicht minder. Der Schöpferin des köstlichen Gebäcks … unsere besondere Bewunderung und besonders innigen und wehmütigen Dank für das Andenken an den lieben Heinrich.
Karl ist nun in der Schule einigermaßen heimisch geworden, er geht mit großer Begeisterung zu seinem Lehrer „…“ und ergötzt mich abends durch seine ernsthaften Schilderungen. Ereignet hat sich seit Eurem Hiersein sonst nichts Besonderes. Erfreulich war nur, daß Angi dieser Tage durch Boten einen Brief aus dem Westen erhielt, der ihr … ihrer Geschwister Nachricht – und zwar mit Ausnahme eines lieben Heitmann’schen Neffen – brachten. DEr Mutter geht es im allgemeinen besser, nur wie Wohnverhältnisse lassen bei Gucki und Teddy sehr an Gemütlichkeit zu wünschen übrig durch die eingewiesenen „Zwangsuntermiterinnen“. Wir selbst haben übrigens auch noch nicht für meinen Wechsel nach Cosepaude optiert, der Entschluß ist nicht leicht. An Tini’s Geburtstag … haben wir alle miteinander lebhaft darüber beratschlagt, ohne aber zu einem Ergebnis zu kommen. Das Haupt…  ist aber die – hier aber besonders leidige – Heizungsfrage, die in Cosepaude durch einen kleineren Haus… etwas besser gelöst wäre. – Nur wie geht es bei Euch? Sind die Enkel bzw. Neffen und Söhne mobil? Wird Renate wieder zur Universität gehen? Besteht Aussicht, daß Du, lieber Fempe, bald mal wieder nach hier kommst? Ich würde Dich so gerne mal richtig sprechen ( – auch über die bewußte Angelegenheit noch mal ein Wort verlieren)  und berufliche Fragen meines jetzigen (und evtl. anderen) Beschäftigung mit Dir beraten. Hast Du übrigens die Möglichkeit die „Denkschrift der Leipziger Juristenfakultät zur Frage der Rechtssetzungsbefugnis des Bundeslandes Sachsen“ zu verschaffen, die mich sehr interessieren würde?
Nur wenn es nicht vermessen ist, zu fragen, steht Dir etwa eine Quelle zur Verfügung, durch die etwas Blätter-Tabak für die Pfeife zu bekommen wäre, die bei mir völlig auszugehen droht? – Am schönsten wäre es wenn Dich eine Kammersitzung bald ,al wieder hierher führt. Du kannst dann auch bei uns übernachten, weil wir jetzt eine … von unserem Vermieter, Rechtsanwalt Harald …, ins Zimmer bekommen haben. Vielleicht kannst dann auch Du, liebe Ursel, mal zu uns kommen. Übrigens war alles voller Bewunderung für Dich, lieber Onkel, ob Deines Auftretens in der Sitzung der Anwaltskammer, wie mir zahlreiche Anwälte berichteten, doch ich muß für heute schließen, es ist sehr spät geworden. Seid alle innig gegrüßt und bleibt gesund. In alter Treue bin ich Euer Ernst.