dr. jur. Hubert Lang

Nachlass Martin Drucker, Briefe und Fotos

Horst Ueberück
Leipzig – C 27
Reitzenhainer Str. 191

Herrn Justizrat Dr. Drucker
Leipzig – S 3
Brandvorwerkstr. 80

Leipzig, den 12.10.45

Sehr geehrter Herr Justizrat!

Anbei den elektrische Heizofen, den ich Ihnen gestern versprochen habe.
Zu der Pfändungsangelegenheit, in der ich gestern bei Ihnen vorgesprochen habe, möchte ich noch erläuternd mitteilen, daß sich sämtliche Rechnungsbelege über die bei meiner Mutter befindlichen Nachlaßgegenstände meines Vaters und meines Eigentumes an den Aufstellungen befinden, die ich über diese Gegenstände gemacht habe und die ich Ihnen als Beilage zu meinem Schreiben vom 28.9.45 mit übergeben habe. Die Rechnung über den fraglichen Teppich, der höchstwahrscheinlich die Ursache für die Pfändung ist, ist die erste Rechnung, die sich an der Aufstellung über „Gegenstände, die zum Nachlass meines Vater gehören“ befindet. Der Teppich ist unter Nr. 1 aufgeführt; unter der Bemerkung habe ich angeführt: Vertauscht gegen ein Eßzimmer.
Ich möchte doch im Interesse meiner Frau einen Güterrechtsvertrag abschließen. Ich bitte um Ihre gefällige Mitteilung, ob Sie das für zweckmäßig halten und bereit wären, den Güterrechtsvertrag notariell zu beurkunden.
Meine Mutter läßt nicht ab, immer wieder neue Wege zu suchen, um mir Unannehmlichkeiten zu verschaffen. Ich habe heute anläßlich einer Reklamation bei der Buchstelle des Fernsprechamtes ganz durch Zufall erfahren, daß die Liberal-Demokratische Partei, die, wie ich Ihnen bereits mitteilte, in der Wohnung meiner Mutter eine Geschäftsstelle eröffnet hat, einen Antrag gestellt hat, daß mein alter Telefonanschluss in der Beethovenstr. 8 Nr. 16630 wieder in Betrieb genommen und von der Liberal-Demokratischen Partei benutzt werden kann. Die Buchstelle des Fernsprechamtes machte  mich darauf aufmerksam, daß selbstverständlich die Rechnungen über die Ferngespräche mir zugehen würden. Ich habe daraufhin sofort Einspruch erhoben, und das Fernsprechamt war sehr erstaunt darüber, zu hören, daß ich von diesem Antrag keine Ahnung habe. Meine Mutter hat dem Geschäftsstellenleiter gesagt, daß sie von mir die Genehmigung hätte, den Anschluss wieder benutzen zu lassen.
Ich teile Ihnen das nicht mit, um Sie zu veranlassen, in dieser Angelegenheit etwas zu unternehmen (ich habe diese Sache bereits bereinigt), aber Sie sehen hieraus, daß meine Mutter immer wieder neue Dinge ersinnt, um mich in Spannung zu halten.
Haben Sie nochmals verbindlichsten Dank für Ihre Bemühungen.

Mit frdl. Gruss
Ihr ergebener
Dipl.-Kfm. Karl Ueberück