Kitty und die Weltgeschichte von Alfred Polgar
Die neue Komödie des Wiener Modernen Theaters ist von Hans Bachwitz. Er deklariert sein Spiel als „sonderbares Erlebnis einer jungen Dame in drei Aufzügen“.
In der Tat ist Kittys Erlebnis sonderbar. Es widerfährt ihr, daß sie in einer Zelle der Conciergerie von dem Führer, der die historischen Räume erläuert, vergessen und eingesperrt wird, und zwar nicht allein, sondern mit einem in sie verliebten, sonst aber ganz kaltschnauzig-unromatischen Amerikaner. Um Nacht und Angst zu überwinden, liest sie ein bißchen die Tagebücher der Herzogin d’Arrois und erlebt, in einer Traumphantasie, was sie liest. Es ist nichts Lustiges. Eine guillotineske Geschichte voll Tod und Liebe und Dialog. Lang, lang ist’s her und hin. Gerne flüchtet Kitty aus solcher Vision einer geschwollenen Vergangenheit an den Busen des durchaus gegenwärtigen Amerikaners.
Es ist ein Stück ohne Arg und Falsch und wird nett gespielt. Dennoch wird der Direktor Körner stärker beschwören müssen als mit solchen Zeichen, um den Erfolg in sein freundliches Theater hinzuzwingen.
Herr (Ludwig) Körner und Fräulein Camilla Weber spielen Kitty und den Amerikaner, die sich, durch Traumesmacht, für einen langen Akt in Herzogin Chrysantheme und Bürger Danton verwandeln. Der Theaterzettel vermerkt: „Die Rollen der Chrysantheme und des Danton werden von einer Dame und einem Herrn der Gesellschaft dargestellt, die nicht genannt zu sein wünschen.“ Ich komme nicht darauf, was dieses Avis bedeuten soll. Herr Körner und Fräulein Weber sind ja gewiss hervorragende Versteller, aber so verstellerisch doch kaum, daß man ihnen glauben könnte, sie wären gar nicht sie.