dr. jur. Hubert Lang

Nachlass Martin Drucker, Briefe und Fotos

Althagen, 11.6.35

Liebster Freund,

meinem Leichtsinn können wirklich die schlechtesten Zeiten nichts anhaben. Jetzt bin ich 1935 zum 3. Mal am Meer! Eigentl. wollten Loll (Annemarie C.) + ich die Pfingsttage brav im N-Z verbringen, aber dann tauchte Althagen so lockend auf, + so begaben wir uns denn Freitag früh statt in die Stadtbahn auf den Stettiner Bhf. Da ich Mittwoch ohnehin schulfrei bin, brauchen wir erst morgen Abd. in Berlin zu sein. Und wie hat es sich gelohnt! Petrus ist mit den Bummlern. Ein Tag schöner als der andere, immer verschieden Seewind + Sonne + Hitze. Heute ist das Meer spiegelglatt + die Wärme so groß, dass wir im Schatten des Steilufers liegen + nachher baden. Bei unsern netten Steinkes ist seit 2 Jahren alles unverändert. Der Fleider blüht berauschend + die Bübis sind trotz Wachstum ungewöhnlich niedlich + drollig. Manchmal verbringen wir Stunden mit ihnen auf der Wiese hinterm Haus, wo man nichts sieht als alte Bäume, weidendes Vieh und blauen Bodden. Herrlich auch die halben oder ganzen Tage am + im Darss, dem riesenhaften Urwald am Dünenrand. Da sahen wir neulich einen Hirsch von Fabelgröße. – Heute ist es schon wieder still und leer. Pfingsten soll es gewimmelt haben. Wir merkten wenig davon.
Nun noch 10 Tage Berlin und dann wieder Ferien!! Ich gehe zunächst – am 22., wenn nichts geändert wird – nach Naumbg., dann Anfang Juli wie voriges Jahr mit den Jungen nach Hinterstein. Die Eltern schrieben von dem glänzendem Schriftstück, dass Du ihnen geschrieben hast. Ich freue mich darauf, es zu lesen. Lässt Du mal wieder von Dir hören, Lieber Guter? Wie ist Grobo? Irgendwas Neues bei den Kindern? Und was macht Euer Tiger? Ich sehe immer noch seinen Rücken übern Tisch ragen! Wann frühstücken wir wieder bei Steinmeyer?
Lebwohl mein Lieber, ich denke sehr viel an Dich.
Innige Grüße G.