dr. jur. Hubert Lang

Nachlass Martin Drucker, Briefe und Fotos

Leipzig, 5. Oktober 1945
Dittrichring 2/II  F 37009

Hochverehrter Herr Justizrat!

Wie ich von Herrn Benkard weiß, geht der Gedanke, daß ich der hiesigen juristischen Fakultät im kommenden Semester aushelfen könne, auf Sie zurück. Über dieses Zeichen guter Erinnerung an früheres gemeinsames Wirken habe ich mich außerordentlich gefreut. Dem Gedanken selbst war ich sofort zugetan. Vor vielen Jahren schon hatte sich der uns beiden nahestehende Alsberg im selben Sinn – damals handelte es sich um Köln – um mich bemüht. Nicht leichten Herzens verhielt ich mich ablehnend; von meinem schönen nun völlig zusammen gebrochenen Auto (?) vermochte ich mich nicht zu trennen. Aber Lehrtätigkeit hätte mich an sich schon damals sehr zugesagt. So war ich hoffe(?) freudig dann bereits, daß sich jetzt ganz überraschend nach dieser Seite hier Möglichkeiten eröffneten. Selbst veranlassen konnte ich zunächst nichts. Als dann aber vor etwa drei Wochen mehrere Kollegen sich um den Justizdienst im Bereich der sächischen Landesverwaltung zu bewerben begannen, habe ich mich meinerseits dorthin für den Dienst bei der Universität gemeldet. Bislang habe ich nichts weiter vernommen. Die Angelegenheit scheint zu stocken. Andererseits scheint sie für mich – und den Kollegen (Carl) Kirchner, der sich ebenso gemeldet hat – noch nicht verloren zu sein. Denn wie ich gestern von Herrn Prof. (Karl) Michaelis hörte, ist noch nicht entschieden, wer nun eigentlich die Vorlesungen halten soll. Von den Gedanken an Kirchner und mich weiß die Fakultät freilich nichts.
Unter diesen Umständen möchte ich Sie, Herr Justizrat, bitten, zu prüfen, ob die Sache jetzt nicht von Ihnen auf irgendeine Weise etwas vorwärts getrieben werden kann. Mir schwebt dabei etwa vor beim Oberbürgermeister auf Sie zurückzukommen. Über die Zuständigkeitsverhältnisse – Oberbürgermeister – Landesverwaltung – Fakultät – bin ich zwar gar nicht unterrichtet. Da aber der Ausgangspunkt doch wohl meine …? zwischen dem Oberbürgermeister und Ihnen gewesen ist, so hat dieser doch wohl wesentlichen Einfluß auf die fernere Entwicklung.
Ich bin in begreiflicher Spannung darauf, Kirchner desgleichen. In jedem Falle bin ich Ihnen, wie es auch ausgeht, aufrichtig dankbar, daß Sie auf mich aufmerksam gemacht und mich dadruch zu der Frage in Verbindung gebracht haben.
Ihr ergebenster Schneidewin.