dr. jur. Hubert Lang

Nachlass Martin Drucker, Briefe und Fotos

Lilli Conrad, geb Langerhans
Leipzig W 33
Lindenauer Markt 12 II r
Leipzig, den 9.12.45

Verehrter, lieber Herr Justizrat!

Sie werden sich kaum vorstellen können, wie wohl mir die Rücksprache mit Ihnen getan hat. Es war beinah wie ein Gruss aus einer andern Welt, der Welt meiner verstorbenen Eltern. Auch war es mir sehr lieb und wichtig, von den Angelegenheiten meines Bruders zu reden.
Aus den früheren Briefen meines Bruders ersah ich, dass er von Dr. (Franz) Jesse (früher Rudolphstr. 4) vertreten worden ist. Der Bürovorsteher, von dem wir sprachen, der das Büro Hagen-Langerhans leitete, heisst Arno Petzold und wohnte Leipzig N 22, Fabricestr. 15. Die persönlichen unterlagen über Geldsachen meines Bruders befanden sich in den Händen dieses Mannes.
Mein Bruder fragt auch an, ob seine Zulassung hier als Anwalt fortbesteht. Doch wohl nicht? Und er fragt, ob das Zuzugsverbot für ihn gelten könnte, weil er vor der Einberufung seinen Wohnsitz hier hatte und noch hier gemeldet ist. Soviel ich die einschlägigen Verordnungen verstanden habe, kann hier wohl doch nur zuziehen, wer hier Arbeit hat. Auch wegen Beschaffung von Wohnraum würde er und seine Familie aus Gründen seiner Belastung Schwierigkeiten haben, selbst, wenn die von uns bereits mündlich erörterten Umstände nicht eintreten würden. nun, wir hatten ja schon besprochen, dass er nicht hierher kommen soll.
Sehr dankbar wäre ich Ihnen, wenn Sie mir über das Schicksal des Büros Hagen-Langerhans und der dort befindlichen Unterlagen Auskunft beschaffen könnten. Was mag wohl aus Dr. Jesse geworden sein?
Für Ihre grosse Freundlichkeit und Ihren Anteil am Schicksal der Familie Langerhans sage ich Ihnen meinen aufrichtigen und herzlichen Dank.

Ihr Lilli Conrad