dr. jur. Hubert Lang

Nachlass Martin Drucker, Briefe und Fotos

31. August 1946.

Sehr geehrter Herr Baumann!

Die Verhältnisse, die Sie in Ihrem Brief vom 22. August ds. Js. darlegen, lassen Ihren Unmut darüber, dass Sie nicht wieder bei den Justizbehörden angestellt worden sind, nur zu begreiflich erscheinen. Aber nach den gegenwärtig geltenden Grundsätzen für die Wiedereinstellung ehemaliger Parteimitglieder erscheint auch mir eine Erfüllung Ihrer Wünsche mindestens vorläufig als unerreichbar. Die Landesverwaltung kann nach dieser Richtung keine selbständige Entschliessung fassen, sondern ist an die strengen Weisungen gebunden, die sie von der russischen Besatzungsmacht erhalten hat. Nach diesen Weisungen ist die Wiederbeschäftigung ehemaliger Pgs. im Justizdienst schlechthin ausgeschlossen. Ich kenne auch keinen Fall, in dem davon abgewichen worden wäre. Es ist zutreffend, dass in anderen Verwaltungen ehemalige Pgs. verblieben oder sogar wieder eingestellt worden sind. Bei der Justiz aber werden jene Grundsätze festgehalten. Deshalb wäre es auch ganz zwecklos, wenn ich etwa in Dresden versuchen wollte, bei der Landesverwaltung für Sie einzutreten. Ich würde einfach auf die entgegenstehenden Grundsätze der Besatzungsmacht verwiesen werden.
Allerdings ist jetzt bisweilen davon die Rede, dass jene strengen Grundsätze abgemildert werden sollen; solange aber eine solche Abschwächung nicht ausdrücklich angeordnet oder wenigstens zugelassen wird, ist jeder Versuch, für Ihre Person eine Ausnahme zu schaffen, aussichtslos.
Ich bedaure sehr, Ihnen nicht helfen zu können. Die eidesstattliche Erklärung des Herrn Johannes Rabe füge ich wieder bei.

Hochachtungsvoll

Justizrat (Drucker)