dr. jur. Hubert Lang

Nachlass Martin Drucker, Briefe und Fotos

23. Juni 1946.

Sehr geehrter Herr Treusch!

Weil ich bereits seit Anfang Mai infolge einer Lungen-und Rippenfellentzündung krank zu Hause und erst jetzt wieder in der Lage bin, während des mir ärztlich gestatteten täglichen kurzen Aufenthalts ausserhalb des Betts ein paar Briefe zu diktieren, komme ich erst jetzt auf Ihren Brief vom 5. Mai dieses Jahres zurück und übersende Ihnen ein Zeugnis, das, wie ich hoffe, Ihren Wünschen entspricht.

Mit freundlichen Grüssen

Ihr (Drucker)

23. Juni 1946

Z e u g n i s
Der Juwelier Herr Leonhard   T r e u s c h   ist mir als Mitinhaber der Firma C. E.   K e y s e r   in Leipzig seit mehreren Jahrzehnten bekannt. Nachdem Herr Treusch in unmittelbarer Nähe meiner Privatwohnung sich angesiedelt hatte, haben wir auf gemeinschaftlichen Wegen nach und von unseren Arbeitsstätten häufig Gelegenheit zu eingehenden Unterhaltungen namentlich auch über die politischen Verhältnisse gehabt. Bei diesen Gesprächen hat Herr Treusch seiner scharfen Verurteilung für den Nationalsozialismus und insbesondere über die verbrecherischen Judenverfolgungen sowie den von Hitler entzündeten Weltkrieg unverhohlen Ausdruck verliehen und sich stets als ein antifaschistisch denkender Mann gezeigt.
Ich selbst habe niemals der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen angehört, habe vielmehr als Rasseverfolgter in den zwölf Jahren in den verschiedensten Beziehungen schwer zu leiden gehabt.

Justizrat (Drucker)