Anlagen
- 1. Briefwechsel mit der Familie
- 2. Briefwechsel mit Verwandten
- 3. Briefwechsel mit Juristen
- 4. Briefwechsel mit Freunden und Mandanten
- 5. Ehrengerichtliches Verfahren/Versetzung in den Ruhestand
- 6. Gertrud Landsberg, Briefwechsel
- 7. Gertrud Landsberg, Fotos
- 8. Nachlass Martin Drucker, Manuskripte
- 9. Sonstiges
- Personenregister - Nachlass Martin Drucker
29. Juli 1946.
Sehr geehrter Herr Kollege Hartmann!
Ich bin Ihnen die Antwort auf zwei Briefe schuldig, den vom 1. Juni und den vom 13. Juli. In dem ersten haben Sie mir so viel Weihrauch gestreut, dass meiner Gedanken umnebelt sind und ich mir infolgedessen jede Aeusserung versagen muss.
In dem zweiten haben Sie sich freundlicherweise zu meiner Genesung geäussert. Sie ist zwar noch nicht ganz vollendet, aber doch so weit entwickelt, dass ich zur Arbeit im beschränktem Masse zurückgekehrt bin.
Ich danke Ihnen auch für Ihre Mitteilung über Ihr Gespräch mit dem dortigen Kreisleiter der SED. Wie dieser Herr seine Behauptung stützen will, dass ich mich besonders intensiv für einen schlecht beleumundeten Nazisten eingesetzt hätte, ist mir vollkommen rätselhaft. Soviel ich erkennen kann, habe ich überhaupt keinen Oschatzer Nazisten jemals vertreten. Ich weiss allerdings, dass die dortigen Parteistellen bemüht sind, einen von mir vertretenen dortigen Fabrikanten zum Nazi abzustempeln. Nach den mir darüber gegebenen Aufklärungen ist diese Schilderung aber durchaus unwahr. Uebrigens hat in dieser Sache die zuständige Abteilung der Landesverwaltung meinem Auftraggeber und mir vollständig Recht gegeben; es handelt sich dabei um eine von den Oschatzer Polizeiorganen verfügte Beschlagnahme von Kraftwagen. Die zuständige Stelle der Landesverwaltung hat die Rückgabe angeordnet, sich allerdings, wie es jetzt so häufig geschieht, bei den ihr nachgeordneten Organen nicht durchsetzen können.
Einen Angriff der Volkszeitung hätte ich nicht zu fürchten brauchen, falls überhaupt die Volkszeitung den Artikel aufgenommen hätte, ohne mich erst zu hören. Aber natürlich ist es mir lieber, in der Zeitung überhaupt nicht genannt zu werden, deshalb danke ich Ihnen besonders, dass Sie dem Kreisleiter in den Arm gefallen sind.
Ich hoffe, dass Sie sich in Oschatz gut eingelebt haben und mit den dortigen Verhältnissen zufrieden sein können, und bleibe mit freundlichen Grüssen
Ihr (Drucker)