dr. jur. Hubert Lang

Nachlass Martin Drucker, Briefe und Fotos

Markkleeberg-Ost
Lindenstr. 10
3.10.1946

Geliebtes Justizrätlein!

Wohl wissend, dass hinsichtlich eines geburtstäglichen Gedenkens Ihr gütiges Herz von dem bei dieser Gelegenheit alljährlich rebellierenden Verstand arg ins Hintertreffen gerät – Sie vermutlich auf Grund irgendwelcher wohlkonstruierter Notwendigkeit am 6. Oktober also nicht in Leipzig sein werden – komme ich mit einem verfrühtem Blumengruß zu Ihnen in der Hoffnung, dass Sie sich auf diese Weise wenigstens ein paar Tage an ihm erfreuen möchten. Und wenn dann am Sonntag der Festtag beginnt – ein Festtag bleibt es doch – gleichviel wo und wie Sie ihn verbringen werden – dann darf ich in Gedanken bei Ihnen sein. –
Wieviele Menschen, die Sie achten, schätzen, verehren, lieben, werden Sie so oder so beglückwünschen!
Ich habe nichts zu geben, nur ein richtiggehendes Bachweidenherz mit den innigsten Wünschen für ein in jeder Beziehung besseres Lebensjahr, ganz besonders für ein gesundes neues Jahr und für eines, das nicht spart an Sonnenstrahlen für Sie, seien sie privater oder beruflicher Art.
Meine Mutter schließt sich allen guten Wünschen bestens an. Ich habe lange nicht von mir hören lassen – ich weiss es – aber ich habe eine schwere Zeit hinter mir und bin auch weiter in ständiger Sorge um meine Mutter. Sie war vier Wochen fest bettlägerig krank und hart an der Grenze von Leben und Tod und zeitweillig schon weit entfernt von mir. Wie lange die jetzt vorhandene Besserung in ihrem Befinden anhalten wird, vermag kein Arzt zu sagen. – Dieses Passus gehört nicht in einen Geburtstagsbrief, er soll auch nur die Erklärung für mein langes Schweigen geben.
Und nun schliesse ich mit allen lieben und guten Wünschen und bin in aller Zuneigung immer
Ihre Bachweide.