Dresden 3.10.1944

Mein lieber Martin!

Es lässt sich wohl nicht leugnen, dass unsere Korrespondenz auf einem bedenklichen Tiefstand angelangt ist. Würden wir in normalen Zeiten leben, so wäre aller Anlaß gegeben, mit Ernst und Eifer nach den Ursachen dieses wenig erfreulichen Zustands zu forschen. Aber – aber – wir leben eben in unnormalen Zeiten; Da sind wir dieser Nachforschungen überhoben, und wenn wir einen so ganz bedeutsamen Anlass haben, zur Feder zu greifen, an einem 75. Geburtstag, da wäre es Frevel noch Worte und Zeit zu verlieren, als man aus vollem mitfühlenden Herzen die Glückwünsche darbringt, die in unermesslicher Fülle dem Mann zukommen, der mit Gottes Hilfe diesen Festtag erlebt. Gewiß fühlen wir mit Dir, dass deine liebe, unvergessliche Grete Dir nicht mehr zur Seite stehen kann, dass dein lieber, unvergesslicher Peter, Dir durch ein grausames Schicksal entrissen worden ist, dass manche schwere Unbill Dich die Bitterkeit der Lebensschicksale hat fühlen lassen, – aber demgegenüber darf nicht das alles zurückstehen, was Dir der liebe Gott Gutes geschenkt hat. Mit welcher Liebe werden Deine Kinder Dir an dem Tage zur Seite stehen, auch wenn sie wie der gute Heinrich und die liebe Ina nicht persönlich anwesend sein können und wie glückstrahlend wird der kleine Michael den ihn verwöhnenden Opa seinen Geburtstagsglückwunsch darbringen, als Seele der weiteren jüngeren Generationen. Und im Rahmen dieser Ersdtgratulanten erscheinen auch wir und wünschen Dir von ganzem Herzen alles erdenklich Gute für Deinen weiteren Lebensweg. Wie schön wäre es, wenn er Dich einmal nach Dresden führte. Der Ernst der Zeiten legt solchen Wunsch besonders nahe. Verlebe den Tag in der reinen Erzgebirgsluft an Ursels und Renate Seite recht gesund und sei mit allen Deinigen herzlichst gegrüßt

von Deinem Schwager Carl