Anlagen
- 1. Briefwechsel mit der Familie
- 2. Briefwechsel mit Verwandten
- 3. Briefwechsel mit Juristen
- 4. Briefwechsel mit Freunden und Mandanten
- 5. Ehrengerichtliches Verfahren/Versetzung in den Ruhestand
- 6. Gertrud Landsberg, Briefwechsel
- 7. Gertrud Landsberg, Fotos
- 8. Nachlass Martin Drucker, Manuskripte
- 9. Sonstiges
- Personenregister - Nachlass Martin Drucker
Ferd. Bartmann
Rechtsanwalt und Notar
Berlin-Charlottenburg 9, den 5. Dezember 1945
Hessenallee 3
Herrn
Justizrat Dr. Drucker
(10) Leipzig C. 1
Europahaus. 10. Stock
Sehr verehrter Herr Kollege Drucker!
Wie sehr ich mich gefreut habe – wenn auch unmittelbar – von Ihnen zu hören, mögen Sie aus dem abschriftlich beigefügten Brief an Herrn (Paul) Goldstein entnehmen. Von Herrn Kollegen (Willi) Pekrun hatte ich schon gehört, daß Sie den Krieg gut überstanden haben und auch Ihre Praxis in alter Frische wieder aufgenommen haben. Ich hatte Ihnen daher auch eine Anzeige von meiner Neuzulassung und Wiederbestellung als Notar übersandt.
Ein weiterer Gegenstand zur Freude war die Kunde, daß Sie dabei sind, den DAV. wieder aufzubauen und die JW. wieder ins Leben zurück zu rufen. Daß Sie bereits Vorsitzender des Leipziger Anwaltvereins geworden sind, wollen wir als freundliche Vorstufe zu Ihrem grossen Beginnen ansehen.
Wir sind auch einigermassen durch den letzten Kriegswahnsinn hindurch gekommen, meine Frau allerdings nur mit 80 Pfund und ich mit 108 (einhundertacht) Pfund.
Trotzdem bin ich gleich wieder mit grösster Energie, und, wie ich sagen darf, durchschlagendem Erfolg, an den Wideraufbau meiner Praxis herangegangen. Da auch meine beiden Söhne lebend durch den Krieg hindurch gekommen sind – der Älteste ist wissenschaftlicher Assistent an der Charité bei Professor (Gustav) von Bergmann, der zweite Kaufmannslehrling in der von seinem Urgroßvater gegründeten Textilfabrik im Münsterland – und wir sogar das Meiste von unseren Sachen gerettet haben, so wollen wir nicht klagen, obschon wir vor der Kälte und dem Hunger des kommenden Winters grösste Furcht haben.
Über (Armin) Hahnemann hörte ich nur von Pekrun, daß er lebe und es ihm ganz gut gehe.
(Heinrich) Dittenberger, dessen Schicksal Sie ja auch kennen, schrieb mir von Kitzingen aus.
Walter Fischer hat zum Schluss noch seinen zweiten Sohn verloren, und sein Schwiegersohn ist ins Innere Russlands verbracht worden.
Hodenberg ist Oberlandesgerichtspräsident in Celle geworden, möchte aber lieber wieder Anwalt sein.
(Carl) Horn ist noch sehr rüstig und anwaltlich sehr tätig.
Das sind, glaube ich, Nachrichten bezüglich der alten Arbeits- und Festkollegen.
Ich bitte Sie, mich Ihrer Gattin zu empfehlen und die bekannten Kollegen zu grüssen, und bin mit freundlichen Grüssen von Haus zu Haus
Ihr sehr ergebener
Bartmann