Anlagen
- 1. Briefwechsel mit der Familie
- 2. Briefwechsel mit Verwandten
- 3. Briefwechsel mit Juristen
- 4. Briefwechsel mit Freunden und Mandanten
- 5. Ehrengerichtliches Verfahren/Versetzung in den Ruhestand
- 6. Gertrud Landsberg, Briefwechsel
- 7. Gertrud Landsberg, Fotos
- 8. Nachlass Martin Drucker, Manuskripte
- 9. Sonstiges
- Personenregister - Nachlass Martin Drucker
21. September 1946.
Lieber Herr Kollege!
Ihr Brief vom 1. ds. Ms., der am 14. desselben bei mir einging, wirft die Frage Ihrer Ansprüche an die Ruhegehaltskasse auf. Sie werden sich erinnern, dass dieses Unternehmen seiner Zeit umgewandelt wurde in die „Deutsche Anwalts-und Notarversicherung“. Dass der Sitz von Halle nach Berlin verlegt worden sei, ist mir nicht bekannt. Aber auch in Halle wird das Unternehmen nicht mehr bestehen, denn in der russischen Zone sind ja alle Versicherungsunternehmen in den für jedes Land bezw. jede Provinz gegründeten stattlichen Versicherungsanstalten aufgegangen. Hier bei uns sind die Auszahlungen aller Versicherungssummen bis auf weiteres gesperrt, und es besteht wohl keine Aussicht, dass sich daran etwas ändern wird. Nur wenn mit der Versicherungsanstalt des Bundeslands eine neue Versicherung abgeschlossen wird, sollen die auf die bisherigen Privatversicherungen bewirkten Leistungen angerechnet werden. Das kommt aber für die Witwenrente nicht in Betracht, weil die Beitragspflicht schon am 1. Januar 1939 erloschen war. Ich sehe deshalb keinen Weg, auf dem Sie, bezw. Ihre Gattin, den Rentenanspruch geltend machen könnten.
Die Absicht, die Juristische Wochenschrift wieder ins Leben zu rufen, müssen wir wohl nunmehr als gescheitert ansehen. Gerade vor einigen Tagen ist dem Berliner Vertreter der Firma Moeser von Professor Melsheimer, der in der Justizverwaltung für das russische Besatzungsgebiet arbeitet, unter dem Ausdruck des Bedauerns eröffnet worden, dass die russische Verwaltung es schlechthin ablehne, für die Juristische Wochenschrift eine Lizenz zu erteilen. Ueber die Gründe ist nichts gesagt worden.
Mit Bartmann stehe ich in Verbindung, sowohl auf dem Gebiet unserer Praxis wie auch wegen der Anwaltsangelegenheiten. Er gehört dem Berliner Kammervorstand an und scheint dort eine sehr bedeutende Tätigkeit auszuüben. Seine Adresse ist: Rechtsanwalt Ferdinand Bartmann, Berlin-Charlottenburg, Hessenallee 3. Er wird sich sicher sehr freuen, von Ihnen zu hören. Gerade heute bekam ich ein Schreiben, das sich auch auf die Gründung bezw. Wiedererweckung von Anwaltvereinen bezieht. Die Aussichten dafür sind allerdings recht ungünstig. Der Leipziger Anwaltsausschuss hatte im August 1945 die Satzung zur Errichtung eines Leipziger Anwaltsvereins zur Genehmigung eingereicht, die Genehmigung aber bisher nicht erhalten, und es besteht anscheinend keine Aussicht, dass die Gründung von Anwaltsvereinen hier wieder zugelassen werde.
Mit freundlichen Grüssen
Ihr (Drucker)