Anlagen
- 1. Briefwechsel mit der Familie
- 2. Briefwechsel mit Verwandten
- 3. Briefwechsel mit Juristen
- 4. Briefwechsel mit Freunden und Mandanten
- 5. Ehrengerichtliches Verfahren/Versetzung in den Ruhestand
- 6. Gertrud Landsberg, Briefwechsel
- 7. Gertrud Landsberg, Fotos
- 8. Nachlass Martin Drucker, Manuskripte
- 9. Sonstiges
- Personenregister - Nachlass Martin Drucker
15. Juli 1946
Herrn
Landgerichtspräsidenten (Alfred) N e u
L e i p z i g
Sehr verehrter Herr Präsident!
Gestatten Sie mir, dem bei Ihnen zur Weitergabe an die Landesverwaltung – Justiz – eingereichten Gesuche des Herr Dr. (Georg) S c h w a l m
einige Geleitworte mit auf den Weg zu geben.
Ueber die ausgezeichnete juristische Qualifikation Schwalms sind wir uns einig, wie ich aus gelegentlichen Gesprächen weiss. Für die Zuverlässigkeit seines Charakters und die Sauberkeit seiner Anschauungen stehe ich ein. Während er als Referendar bei mir tätig war, habe ich ihn gründlich genug kennen gelernt. Ich konnte ihm unbedenklich Aufgaben stellen, die man in der Regel jugendlichen Referendaren nicht anvertraut.
Wenn es aus Gründen, über die zu rechten nicht am Platze ist, nicht angeht, eine so wertvolle Kraft in den Justizdienst aufzunehmen oder zur akademischen Laufbahn zuzulassen, so wird die standesbewusste Rechtsanwaltschaft mit seinem Beitritt in ihren Kreis zweifellos gern einverstanden sein. Seinem darauf gerichteten Wunsche steht aber die Gepflogenheit der Landesverwaltung entgegen, Neuzulassungen jetzt vorzunehmen. Ich bin der Meinung, dass diese Regel nicht an Beachtlichkeit verliert, sondern dass ihre Richtigkeit erhärtet wird, wenn in einem besonderen Falle eine Ausnahme eintritt. Der Fall Schwalm schreit geradezu – ich bitte diesen kräftigen Ausdruck nicht zu beanstanden – nach einer Ausnahmemassregel. Es handelt sich darum, einen ausgezeichneten Mann, der seine Altersgenossen weit überragt, dem Juristenberufe zu erhalten und ihn (nicht) vor die bittere Wahl zwischen Handarbeit und Auswanderung zu stellen.
Deshalb bitte ich Sie, wenn Sie in der Hauptsache mit meiner Auffassung übereinstimmen, das Zulassungsgesuch des Herrn Dr. Schwalm Ihrerseits zu unterstützen. Selbstverständlich bin ich damit einverstanden, dass Sie diese meine Aeusserung zur Kenntnis der Landesverwaltung – Justiz – bringen, und lege deshalb einen Durchschlag bei.
Mit besten Grüssen
Ihr
Anmerkung:
Prof. Dr. Georg Schwalm (1905-1979), Strafrechtler, vor 1933 LGR in Dresden, danach bis 1935 im Sächsischen Justizministerium, 1954 Ministerialrat im Bundesjustizministerium, Professur in Erlangen-Nürnberg, später Bayreuth, Freiburg; Vater des sächsischen Generalstaatsanwalt (1990) Jörg Peter Schwalm (* 1942 Leipzig)