dr. jur. Hubert Lang

Nachlass Martin Drucker, Briefe und Fotos

Dr. Tigges
Kammergerichtspräsident
Berlin, W 57, 18.9.29
Elssholzstraße 31

Hochverehrter Herr Justizrat!

Toilettenfragen sind immer die schwierigsten, namentlich wenn sie in die Hände von Juristen geraten.
Bei der Eile der Angelegenheit und weil ich morgen auf eine Dienstreise fahre, habe ich mich bisher nur mit einem Oberlandesgerichtspräsidenten in Verbindung setzen können. Der stimmte gegen die Robe, namentlich mit der Begründung, dass es für die Herren, von auswärts lästig sei, die Robe mitzubringen; im Vertrauen gesagt auch das deshalb, weil er fürchtet das bei manchen der Herren Chefpräsidenten die Robe nicht in solcher Verfassung sein werde, dass sie bei einem repräsentativen Amt mit Ehren bestehen könne. Der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht erwies sich sogar als ein besonders scharfsinniger Jurist, indem er Bedenken äußerte, ob es zulässig, die für den Sitzungsdienst in preussischen Gerichten bestimmte Robe bei einem Festakt ausserhalb Preussens anzulegen.
Wenn ich das letzte Bedenken auch nicht teile, so möchte ich doch glauben, dass man den von ausserhalb kommenden Gästen einen Gefallen erweist, wenn man es bei dem Vorschlage des dunklen Anzuges belässt.
Mit der Versicherung meiner vorzüglichen Hochschätzung
Ihr, Ihnen ganz ergebener Tigges.