Kapitel
Inhaltsverzeichnis
Anlagen
Justizrat Martin Drucker
Digitalisat 1, Digitalisat 2
11. Oktober 1929
Hochverehrter Herr Armhaus!
Ihr überaus freundlicher Glückwunsch zu meinem 60. Geburtstag haben mich hoch erfreut; ich danke Ihnen aufrichtig für die Sympathie, die Sie mir bekunden.
Ich hätte aber, so viele Jahre auch der Beginn unserer Beziehungen zurückliegt, nicht für möglich gehalten, daß Sie, wie ich aus der Zeitung entnehme, mir ein volles Jahrzehnt auf der Lebensbahn voraus sind. Es scheint, daß polyglottes Arbeiten des Gehirns den ganzen Menschen jung erhält.
Erlauben Sie mir, Ihnen zum 70. Geburtstag mit meinen herzlichsten Glückwünschen auch der Bewunderung Ausdruck zu geben, die ich für Ihre unübertrefflichen Leistungen stets empfunden habe. Und gestatten Sie dem Verteidiger auch noch ein vertrauliches Wort in Parenthese hinzuzufügen: ich weiß, daß Sie es stets als Ihre Hauptaufgabe im Strafprozeß betrachtet und behandelt haben, nicht mechanisch zu übersetzen, sondern zwischen dem Angeklagten und dem Gericht ein geistiger Vermittler zu sein, durch dessen Fragen das Gefühlsleben des Angeklagten von der Belastung durch den furchterregenden Eindruck der Prozedur befreit wird, so daß er den Mut zur Führung seiner Verteidigung findet. Für diesen Charakterzug der Menschenfreundlichkeit würden Ihnen heute Dutzende von Menschen, denen er sich hilfreich gezeigt hat, danken, wenn Sie von Ihrem Festtage Kenntnis hätten. Lassen Sie mich insoweit der Generalbevollmächtigte der Unbekannten und Vergessenen sein!
Hochachtungsvoll
Ihr Dr. M. Drucker
Glückwunsch von seinen Freunden aus Sendai/Japan
Digitalisat 1, Digitalisat 2
Sendai, den 12. Okt. 1930 [1]
Hochverehrter Herr Armhaus!
Erlauben Sie uns, Ihnen zum 70. Geburtstage unsere herzlichsten Glückwunsche zu senden. Wir wünschen und hoffen sehr, daß Ihnen frei von den Beschwerden des Alters, noch manches Jahr des Wirkens beschieden sein möge. Es war uns allen eine große Überraschung zu vernehmen, daß Sie schon Ihren 70. Geburtstag feiern, da wir angesichts Ihrer wunderbaren Leistungsfähigkeit, geistigen Spannkraft und Frische Ihnen noch kein so hohes Alter zugesprochen hätten. Es scheint, daß der „friedliche“ Ton der Schreibmaschine, die gemütlichen Rauschwolken der Pfeife, Ihre treuen Freunde, der „büchertraufe“ und „hellen Flammen“ der Gose Ihren ganzen Menschen so erstaunlich jung erhalten haben.
Ein großes Wunder war es uns allen stets, dort in Leipzig einen nicht-japanisch-sprechenden Herrn zu finden, der doch, in so vielen Sprachen bewandert, uns ganz wie ein alter japanischer Weiser anmutete.
Ihre tiefen Gedankengänge und ihr bescheidene Lebensweise erscheinen uns bei weitem mehr ostasiatisch als europäisch. Daß Sie wie ein sorgender und liebevoller Vater sich unser stets angenommen, das wird unverlöschbar in unserer Seele lebendig bleiben. Nicht nur den Strafprozesse, sondern auch uns allen waren Sie stets ein geistiger Vermittler.
Als kleines Zeichen unserer großen Dankbarkeit fügen wir unseren herzlichen Glückwünschen den Betrag von 900 RM bei. Es würde viele Menschen freudig stimmen und sehr beglücken, wenn durch unsere kleine Gabe die Veröffentlichung Ihrer „Aphorismen“ zusammen mit den „Liedern von der Gose“ ermöglicht werden könnte.
Mit dem Ausdruck unserer tiefgefühlten Dankbarkeit
Ihre
Tanenari Chiba[2]
Nobuo Inouge[3]
Soju Irisawa[4]
Genji Kuroda[5]
Toshio Nogami[6]
Yasutaro Satake[7]
Takahido Tomoeda[8]
Sanjuro Tomonaga[9]
[1] V.A. hatte seinen 70. Geburtstag tatsächlich bereits 1929 gefeiert.
[2] (21.09.1892 Ishikoshimura – 18.03.1972), Sohn des Arztes Rioso Chiba, Abschluss an der Kyoto Imperial University (heute Kyoto University) im Jahr 1909 und dort als Dozent (1913). 1920 kam er zum Studium an die Universität Leipzig u.a. bei Wilhelm Wundt. Hier wohnte er bei Victor Armhaus. Zur gleichen Zeit erhielt er einen Ruf aus Japan, um Professor im Bereich Psychologie an der Fakultät für Recht und Literaturwissenschaft, Tohoku Imperial University (jetzt Tohoku University, in Sendai, Japan) zu werden. Er kaufte die Wundt-Bibliothek und brachte sie nach Sendai.
[3] (16.03.1876 Tokio-1971 Tokio), Name abweichend: Inonye oder Inoue, studierte 1902 und 1905 Medizin in Leipzig und wohnte seit 1905 bei Schuhknecht in der Emilienstraße 28/I (UAL: Nubuo), Vater: Augenarzt (verstorben), zwei Brüder studierten auch in Leipzig. Augenarzt, Professor der Medizinischen Hochschule Tokyo Igaku Senmon Gakko.
[4] (1885-1945), Prof. Dr., 1919 Assistenzprofessor an der kaiserlichen Universität in Tokio (Institut für Pädagogik) mit dem Schwerpunkt Geschichte der europäischen Erziehung; 1929 Buchgeschenk an Theodor Litt (UAL)
[5] (1886-1957), Psychologe, wohnte während des Studiums in Leipzig bei A., 1926 Lehrstuhl an der medizinischen Universität Mantschurei; 1931 bis 1934 Leiter des Japaninstituts in Berlin. Beschäftigte sich auch mit Sinologie, Kunstgeschichte und japanischer Geschichte.
[6] (1882-1963), Doktor der Literatur, Psychologe
[7] (1884-1959), Mediziner, studierte in Deutschland, England und Russland. In Russland wurde er von Pavlov in Physiologie unterrichtet. Im Jahr 1915 übernahm er eine Professur an der Medizinischen Fakultät der Tohoku Imperial University (jetzt Tohoku University in Sendai, Japan). Er half Chiba beim Kauf der Wundt-Bibliothek. 1946 wurde er zum 8. Präsidenten der Universität Tohoku gewählt. Im Physiologischen Institut von Pavlov befindet sich ein im japanischen Stil gemaltes Porträt von Pavlov. Dieses Porträt ist ein Geschenk von Satake an seinen Lehrer. 1947 war er Begründer der Sendai UNESCO Association.
[8] (1876-1957), Philosoph und Hochschullehrer, 1929-1939 Leiter des Japan-Deutschland-Instituts in Tokio, seit 1934 in Berlin, wikipedia-Eintrag
[9] Seit 1913 Prof. für Philosophie (Kants Lehre vom Frieden) in Kyoto, dessen ältester Sohn, der Physiker und Nobelpreisträger (1965) Shin’ichirō Tomonaga (1906-1979), studierte 1937 bis 1939 bei Heisenberg in Leipzig.
Der Rat der Stadt Leipzig
Digitalisat 1, Digitalisat 2
Leipzig, am 12. Oktober 1929
An Herrn Viktor Armhaus, Leipzig C 1
Sehr geehrter Herr Armhaus!
Wie uns mitgeteilt worden ist, feiern Sie heute Ihren 70. Geburtstag. Wir senden Ihnen hierzu herzliche Glückwünsche und hoffen, daß Sie diesen Tag in voller Gesundheit und Frische im Kreise Ihrer Freunde begehen können und daß Ihnen noch manches Jahr des Wirkens frei von den Beschwerden des Alters beschieden ist.
Vier Jahrzehnte lang haben Sie Ihr umfangreiches Wissen in den Dienst der Allgemeinheit gestellt und haben in dieser langen Zeit auch oft in der uneigennützigsten Weise unseren Abteilungen geholfen. Wir danken Ihnen heute für dieses gemeinnützige Wirken und für Ihre Arbeit im Interesse unserer Stadt. Als Zeichen unserer Dankbarkeit fügen wir unserem Glückwunsch eine einmalige Ehrengabe von 300 RM bei.
In vorzüglicher Hochachtung
Der Rat der Stadt Leipzig
gez. Schulze, Bürgermeister
Der Präsident des Landgerichts
Digitalisat
Leipzig S 3, den 12. Oktober 1929 Elisenstraße 64
An Herrn Victor Armhaus in Leipzig C 1, Emilienstraße 28, I
Sehr verehrter Herr Armhaus!
Soeben lese ich, daß Sie heute 70 Jahre alt geworden sind.
Zugleich im Namen des Landgerichts sende ich Ihnen zu diesem Lebensabschnitt die herzlichsten Glückwünsche.
Mögen Sie in Gesundheit und Frische des Geistes, die wir an Ihnen bewundern, noch recht viele Jahre tätig sein können zum Nutzen aller derer, die Ihre Hilfe benötigen.
Ich gedenke des langen Zeitraumes von über 30 Jahren, in dem Sie bei den Leipziger Justizbehörden als Sachverständiger in Anspruch genommen worden sind. Mit Genugtuung und innerer Befriedigung können Sie auf die Vergangenheit zurückblicken.
Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr sehr ergebener
gez. Wagner, Präsident des Landgerichts
Institut für gerichtliche Medizin der Universität Leipzig
Digitalisat
Leipzig C 1, den 12. Oktober 1929 Johannisallee 28
Sehr verehrter Herr Armhaus!
Zu Ihrem 70. Geburtstag spreche ich Ihnen meine herzlichsten Glückwünsche aus. Ich hoffe sehr, dass Sie noch lange Zeit Ihre hervorragenden Kenntnisse in den Dienst der Rechtspflege stellen können, und dass ich noch recht oft Gelegenheit habe, mit Ihnen zusammen zu treffen.
Mit vielen Grüssen Ihr gez. Kockel
Dr. Ephraim Carlebach
Digitalisat
Rabbinat der Israeltischen Religionsgemeinde, Rabbiner Dr. Ephraim Carlebach
Leipzig C 1, den 11. Oktober 1929, Nikischplatz 1
Sehr geehrter Herr Armhaus,
durch die Israelitische Religionsgemeinde habe ich erfahren, dass Sie am 12. ds. Mts. 70 Jahre alt werden. Nehmen Sie aus diesem Anlass meine herzlichsten Glückwünsche entgegen. Möge Ihnen der Liebe Gtt noch recht viele gesunde und glückliche Jahre gewähren.
Ergebenst gez. Dr. Carlebach
Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig
Digitalisat
Leipzig C1, den 11. Oktober 1929 Löhrstraße 10
Herrn Victor Armhaus, Leipzig Emilienstraße 28 I
Zu Ihrem 70. Geburtstage entbieten wir Ihnen unsere herzlichsten Glück- und Segenswünsche und sprechen Ihnen bei dieser Gelegenheit unseren Dank für Ihr vielfältiges menschenfreundliches Wirken zu Gunsten unserer ärmeren Gemeindemitglieder aus. Möge Ihnen noch ein langes Leben in Gesundheit beschieden sein!
Der Vorstand der israelitischen Relegionsgemeinde zu Leipzig gez. Goldschmidt