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Gerhard Hübler war der einzige Sohn des Gymnasial-Oberlehrers an der Neustädter Realschule Dr. phil. Paul Hübler (24.04.1844 in Zwickau-16.06.1876 Dresden) und dessen Ehefrau Dorothea geborene Kirchberger (28.04.1847 Niederlahnstein-1933 Leipzig?) in Dresden. Die väterliche Familie lässt sich nach Niedersaida im Erzgebirge bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts zurück verfolgen. Der Großvater Karl Friedrich Hübler (1808-1880) war Chauseegeldeinehmer in Löbtau.
Die Mutter entstammte einer weit verzweigten alten jüdischen Familie aus Niederlahnstein. Nach dem frühen Tod des Vaters betrieb die Mutter eine Familienpension, am Lindenauplatz 3, zuletzt in der Uhlandstraße 15/17.
Die Eltern hatten sich in Oberlahnstein kennen gelernt, wo Paul Hübler am Taplin’schen Institut für Englisch und Französisch als Lehrer tätig war. Dorothea Kirchberger und ihre Schwester Therese (1846-1933) ließen sich dort zu Lehrerinnen ausbilden. Sie planten, gemeinsam in die USA auszuwandern.
In der Familienpension seiner Mutter wurde H. für sein Leben geprägt. Er hatte frühzeitig Kontakt mit den Gästen sehr unterschiedlicher Prägung. Wahrscheinlich liegen in dieser Zeit die Wurzeln für sein später gerühmtes außerordentliches Talent für die überzeugende freie Rede. Aber auch für sein lebenslanges politisches und soziales Engagement sind sicher schon in dieser Zeit die Grundlagen gelegt worden.
Die verwitwete Mutter pflegte in dieser Zeit besonders enge Kontakte zu ihren Verwandten in Niederlahnstein und Weilburg, die sie mit ihrem Sohn regelmäßig besuchte. So entstanden lebenslange enge Freundschaften zwischen Gerhard Hübler und seinen Cousins Paul (1878-1945) und Hans Kirchberger
H. besuchte das altehrwürdige Kreuzgymnasium in Dresden, wo er auch sein Abitur ablegte. Sein Mitschüler, der spätere Kunsthistoriker Georg Swarzensky (1876-1957) wurde schon während der Schulzeit einer seiner langjährigen engen Freunde. In dieser Zeit entstand auch die Freundschaft zu dem späteren Filmregisseur Robert Wiene (1873-1938).
Anschließend studierte er zunächst bis zum 07.08.1893 Jura in Freiburg. Am 20.10.1894 immatrikuliert er sich für Jura in Leipzig, wo er bis zum 15.03.1895 studiert. Danach hatte er sich im Sommersemester 1895 in Berlin immatrikuliert. Hier besuchte er auch die Vorlesungen des Sozialpolitikers Ignaz Jastrow (1856-1937), der damals noch als Privatdozent an der Berliner Universität lehrte und den H. später als seinen akademischen Lehrer bezeichnete. H. wirkte in der Schriftleitung von Jastrows Zeitschrift „Soziale Praxis“ aktiv mit. In der Berliner Studienzeit entstand auch die Freundschaft zu dem späteren Rektor der Leipziger Handelshochschule Ernst Schultze (1874-1943).
H. setzte sein Studium bis 28.01.1897 wieder in Leipzig fort. Nach Absolvierung des Vorbereitungsdienstes und erfolgreichem Abschluss seiner Promotion wurde er 1902 in Leipzig als Rechtsanwalt zugelassen. Er trat in die ein Jahr zuvor von seinem Freund Alfred Neu am Königsplatz 9 eröffnete Anwaltskanzlei ein.
Mit seinem Kollegen Martin Drucker verband Hübler eine lebenslange Freundschaft. Mit ihm übernahm er u. a. 1909 die Verteidigung des Schriftsetzers und Anarchisten Gustav Lübeck (1870-1945) vor dem Reichsgericht. Lübeck, der fünf Jahre mit Rosa Luxemburg verheiratet gewesen war, war gemeinsam mit dem Tischler Gustav Levyn wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ angeklagt. Lübecks Vater Carl war neben Bebel und Liebknecht 1872 einer der Angeklagten im Leipziger Hochverratsprozeß vor dem Leipziger Schwurgericht.
H. wohnte seit 1906 in der Kronprinzstraße 15/II. Seine Mutter war um diese Zeit zu ihm gezogen. Dort lebte er dann auch mit seiner Ehefrau. Erst 1919 bezogen H. mit seiner Frau und die Mutter getrennte, aber in unmittelbarer Nähe liegende Wohnungen, H. in der Hohe Straße 47/III und Dorothea Hübler in der Hohe Straße 51/III. Die Wohnung der Mutter war so groß, dass sie zwei Zimmer vermieten konnte. Dabei kamen ihr die Erfahrungen mit ihrer Familienpension in Dresden zugute. Ihr berühmtester Untermieter war von 1924 bis 1927 Erich Kästner. Danach zog ihre unverheiratet gebliebene Schwester Therese zu ihr.
Im Dezember 1915 musste H. als Soldat am Ersten Weltkrieg teilnehmen.
H. heiratete 1916 in erster Ehe Minna geb. Goetz (1887-1923), die Tochter von Dr. Max Goetz (1855-1936) und dessen Ehefrau Jenny geb. Kroner, die einer jüdischen Familie entstammte. Ihr Großvater väterlicherseits war der Mitbegründer der Turnerbewegung Dr. Ferdinand Goetz (1826-1915).
Im Jahr 1924 heiratete H. die Lehrerin Ortrud geb. Winckler (20.08.1895 Magdeburg-10.02.1959 Leipzig), die Tochter des Geheimen Baurats Emanuel Hermann Winckler aus Dresden. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter (1925-2020, 1927-2017) hervor.
Dissertation:
Die Trennungsbefugnis des Civilrichters nach § 145 der Reichs- Civilprozeßordnung, Leipzig 1902
Publikationen des Vaters:
Über die kubischen Reste, Jena 1871 (Dissertation)
Zur Theorie elastischer Platten, Dresden 1875
Quellen:
Paul Kirchberger, Lebenserinnerungen an meinen Vetter Gerhard; Informationen von Stefan Wahrig (Enkelsohn)