Anlagen
Schauspielhaus Leipzig
Sommertheater „Liebe und Trompetenblasen“
Erschienen in: Leipziger Tageblatt vom 25.07.1921, S. 2
Ob auch gute und weniger gute Zoten ein ästhetisches Vergnügen sein können, das hängt von dem Grade der Empfindlichkeit und der Empfänglichkeit ab, die man dafür aufbringt. Die Herrn Sturm und Bachwitz, die am Schauspielhause mit „Liebe und Trompetenblasen“ ebenfalls zu zweien beschäftigt waren, sind dabei recht zweideutig und hin und wieder geradezu zweideutlich geworden. Aber ein dankbares Sonntagspublikum war doch der berechtigten Meinung, daß nichts „gröblich verletzt“ werde. Wenn auch der gute Geschmack ein paar Kratzer abbekam. Damit nahmen es die Sonntagsgäste nicht so genau. Die Sprache des 18. Jahrhunderts sprechen Sturm und Bachwitz nicht, sondern einen Schwankjargon, der über altertümlichen Brocken ein bißchen das Stolpern kriegt. Die Unterhaltsamkei war nicht fein, man lachte indessen all-gemein.
Es bleibt mir ebenso unklar wie gleichgültig, aus welchen Gründen Friedrich Wilhelm I. von Preußen den Reichsgrafen von Eppenstein mit der sechzehnjährigen Erbin Maria Charlotte zwangsverheiratet hat. Jedenfalls werden sie auf der Festung von dem Major Anton Franck, der stets was dummes will und stets was gutes schafft, glücklich vereint. Mit der Grafen leicht beschwingter Freundin Juliane geht rechtzeitig ein anderer durch, nachdem zuvor Türen, Frauen und Begriffe hinlänglich verwechselt worden sind. Am Ende, was will man mehr, ist dieses Autorenpaar moralisch.
Einmal sind sie sogar aus Versehen fein. Die Unschuld aus demm Kloster hatte Angst vor dem Unbekannten, das nach der Hochzeit kommt und spricht nun dem durchgegangenen Reichsgrafen und Schürzenjäger ihr kindliches Mitgefühl aus, weil sie meint, er hätte wohl auch Angst gehabt. Si verführt die Unschuld den Verführer. Nur leider, das übereifrige Autorenpaar hat ihr noch eine Flut von süßlichem Backfischgeschwätz zugegossen, in dem unfreiwillige Zweideutlichkeiten herumschwimmen.
Käte Franck-Witt macht das mit Anstand und Zierlichkeit. Steinert war ihr forsch-forscher Reichsgraf. Für seine Juliane ist Hamsuns Königs-Juliane zu schade. Lina Carstens blieb darauf beschränkt, auch ihrerseits forsch-forsch; Strümpfe, und was darüber ist, zu zeigen.
Anton Frank, im Majorskostüm der Alte, schwamm als ein fetter Klumpen Zweideutlichkeit allen voran. Auch sein schnalzendes P-ffff-t, das er aus jedem besseren F macht, ist das alte, aber ich möchte es ihm abgewöhnen. Es ist eine Manier und außerdem unmanierlich.
Hans Georg Richter
Neues Operettentheater Frankfurt a. M.
Aus dem Nachlaß von Hans Bachwitz!
„Liebe und Trompetenblasen“ (Uraufführung)
Bergische Zeitung vom 19.03.1928, S. 2
Der Rittmeister Graf von Werthern steht zwischen einer leichtfertigen Freundin und seiner tugendsamen Braut, und wird durch die sanfte Gewalt seiner Vorgesetzten und die Anmut der Dame schließlich auf den rechten Weg gedrängt. Der Stoff ist schon erfolgreich durch Schwank und Film gelaufen. Text und Musik mischen Altbewährtes und einige gut erfundene Neuheiten zu einer schmackhaft bekömmlichen Unterhaltung durcheinander. Die Farbenpracht Alt-Österreich gibt Anlaß zu revuehaften Bühnenbildern; der slawische Jargon und die leise Melancholie, die jedoch nie in Rührseligkeit ausartet, geben mit der fixen Behendigkeit tanzender Beine den Stimmungshintergrund. Der Komponist Marc Roland, der auch flott den Taktstock führte, schrieb eine gefällig, flüssige Musik; schmissige Partien wechseln mit arienhaften Melodien, die fast die leichte Oper streifen.
Die Regie streute eine Reihe entzückender, burlesker Einfälle ein. (Hans) Junkermann gab seinen erdhaften Humor und seine versoffene Stimme dazu, (Gustav) Jahrbeck setzte seinen prachtvollen lyrischen Tenor ein, Fels sein Temperament und die schmiegsame Elastizität seiner Gelenke, und auch des Soldaten Hupp sei in Ehren gedacht. Es gab viele Wiederholungen und reichen Beifall: und nur einer der Textdichter, Hans Bachwitz, der kürzlich verstarb und die Aufführung nicht mehr erlebte, war an diesem Abend zu beklagen.
Bert Schiff
Komische Oper Wien
Neues Wiener Journal vom 21.06.1930, S. 11
Alle diese Revuen und Revuechen sind heimliche Operetten.
„Liebe und Trompetenblasen“ in der Komischen Oper verzichtet auf die Revuegarnierung und ist reine Operette. Aus dem einst viel gespielten lustigen Schwank von Hans Bachwitz und Hans Sturm haben die beiden Verfasser ein sehr hübsches Operettenbuch gemacht und Marc Roland, ein neuer Mann auf der Operettenbühne, schrieb dazu eine hübsche, flüssige, erfreulicherweise sehr temperamentvolle Musik. Doktor Martin Zickel, der das Werk in der Komischen Oper aufführte, hatte einen sehr guten Einfall. Er ließ die Operette wirklich singen. Gustav Jahrbeck und Fritz Schulz waren springlebendige Offiziere mit dem ganzen Schneid von Anno dazumal. Grete Finkler, die in einer kleinen Rolle am Metropoltheater schon aufgefallen war, hatte Gelegenheit, alle Register ihrer guten Laune zu ziehen: sie tanzt brillant, sieht entzückend aus und singt sehr hübsch. Herz des Hörens, was willst du nochmehr? Paul Westermeier gab den weinkundigen Oberst, der von allen hereingelegt wird, mit sehr ulkiger Charakteristik.
Schade, daß mein lieber Freund Bachwitz, mit dem ich so manches Stück gemeinsam geschrieben habe, den Erfolg nicht mehr erleben konnte . . .
Rudolph Lothar
Stadttheater Salzburg
Salzburger Wacht vom 30.11.1931, S. 5
„Liebe und Trompetenblasen“. Das ist eine vielfältigere Angelegenheit als das „Weiße Rößl“. Wenn der dröhnende Heiterkeitserfolg bei der samstägigen (28.11.1931) Erstaufführung recht behält, dann wird es auch ein Kassenerfolg, den das Stadttheater jetzt wieder braucht. Das Publikum hat sich vor Lachen geradezu gebogen. Der dieser Tanzoperette zugrunde liegende erotische Schwank ist übrigens hier bereits bekannt, kommt aber jetzt in der musikalischen Aufmachung (Leitung: Kapellmeister Körner) erst richtig zur Geltung. Der Hauptspaß vollzieht sich in dem fidelen Gefängnis einer Festung, dessen Kommandant, ein Major, dank seiner vermeintlichen Schlauheit alles durcheinander- und unfreiwillig die richtigen Paare zueinander bringt.
In Marc Rolland fanden die Schwankautoren Hans Sturm und Hans Bachwitz einen sehr kundigen Komponisten, dessen gefällige Melodien zum Erfolg nicht wenig beitrugen. Außerdem wurde ein Aufführungserfolg erzielt, der vor allem der gewiegten Regie (Heinrich) Froschhausers und dessen überaus erheiternden Darstellung als Festungskommandant zu danken ist, als der er eine köstliche feuchtfröhliche Figur schuf, über die das Publikum Tränen lachte. Stark in den Vordergrund spielte sich auch Mark-Felsen mit einer zwerchfellerschütternden Pfeifendeckeltype. Die glücklichen „Opfer“ der Verwechslungs- und Situationskomik des Majors waren: Fräulein Wilfried, die künstlerisch stetig wächst, Herr Stahl, dessen Rittmeister sehr sympathisch wirkte, Herr Gerhard, der sich tänzerisch austobte, und Frl. Wawra, die recht ungebunden spielte.
A.
Theater der Stadt Münster
Münsterlandische Volkszeitung vom 28.10.1934, S. 9
„Liebe und Trompetenblasen“
In dieser Operette der Herrn Sturm, Bachwitz und Roland dominiert die Liebe in allen Variationen, die Umrahmung geben der bunte Rock und das zugehörige Trompetenblasen. Zwar frei von exotischem Kolorit und internationalem Parfüm, ist auch dieses Libretto nach dem üblichen Schema geschaffen. Es handelt sich durchaus nicht um eine rein deutsche Operette, die den Stempel origineller Operettenkultur nationaler Prägung trägt. Sie könnte ebenso in Paris, London oder Newyork über die Bretter gehen. – Eine Reihe Liebesaffären mit den entsprechenden absichtlichen und unabsichtlichen Verwechslungen, die beim Publikum nicht die gebührenden sentimentalen Rührseligkeitstränen aus den Augen pressen können, auch nicht zu herzlichem Lachen und schmunzelnden Lächeln rechten Anlaß geben. Das Wollen der Autoren war größer als das Können. – Mit der Musik ist es ähnlich: keine Einheitlichkeit in den drei Akten, keine Originalität; hier und da vielleicht eine eigene Melodie, die aber nicht recht zündet.
Mit der Aufführung dieser belanglosen Operette hatte man sich ziemliche Mühe gegeben. Willi Hanke hatte inszeniert. Im ersten Bilde sah man seine Hand, hier versuchte er nicht erfolglos gute Arbeit zu leisten. Am Pult bemühte sich Nikolaus von Lukacs, die dünne Musik geschmackvoll zu servieren. Doch es fehlte manchmal der nötige Schmiß, verschiedentlich mißfielen Tempo und schlechte Einsätze. Die von Waltraut Metzger entworfenen Kostüme standen durchweg auf der positiven Seite, weniger die etwas dürftig geratenen Bühnenbilder Ludwig Zuckermandel-Bassermanns. Von den Tänzen, für die Frida Holst verantwortlich zeichnete, verdient nur der Czardas genannt zu werden. Im übrigen zeigte die Tanzgruppe oft und gerne ihr mehr oder weniger schönen Beine. – Von den Darsteller erfreute Theo Harald als Ottokar im großen und ganzen durch seinen klingenden Tenor. Sein Vetter war Harry Grüneke, wie immer lächelnd, spielerisch-komisch ausgezeichnet, gesanglich mäßig. Andreas Holzers schwere Stimme fügte sich nur schwer ein. Gelegentlich detonierte er auch. Ruth Liselott Müllers Freifräulein war temperamentvoll und traf den richtigen Ton im Spiel. Ihre leichte biegsame Stimme konnte nicht immer durchdringen. Die Tänzerin, die Beatrice Haager auf die Bühne stellte, war anfangs allzu stark übertrieben aufgebracht, ohne dabei originell zu wirken; später aber fügte sie sich geschickt dem Ensemble ein. Gesanglich bot sei eine erfreuliche Leistung. Toni Winkels Sopran war zeitweilig hart und unrein in der Rolle der Mascha. Zu erwähnen noch Willi Molthoff (Kaiserlicher Rat), Hans Schnepf (Festungskommandant), Hans Wenzel (Anselm) uns Kurt Meister (Hupp).
Es gab Beifall und Blumen.
W. T … e