Anlagen
Die Operette eines Leipzigers
Erschienen in: Leipziger Tageblatt vom 10.06.1911, S. 6
Der junge Leipziger Komponist Siegwart Ehrlich hat vor kurzem die Musik zu einer Operette vollendet, die sich „Der tolle Kosak“ betitelt und von Geheimrat Martersteig für die städtischen Bühnen erworben wurde. Die Idee zu der Operette stammt von Oberregisseur Fritz Karl, während das Libretto von dem Burgschauspieler Bela Jenbach und dem Leipziger Schriftsteller Hans Hall verfaßt wurde. Die Operette wird als erste unter dem Regime Martersteigs im Laufe des nächsten Jahres zur Uraufführung kommen.
Neues Operetten-Theater Leipzig
Erschienen in: Berliner Tageblatt vom 30.09.1912, S. 3
K. P. Die Eröffnung der neuen Leipziger städtischen Operette
Aus Leipzig schreibt unser Korrespondent: Bis zum 1. September hatte Leipzig zwei Operettentheater, das „Neue Operettentheater“ am Thomasring und die städtische Operette, die meistens in dem kleinen, historischen „Alten Theater“ spielte. Jetzt hat die Stadt Leipzig das bisherige „Neue Operettentheater“ für die städtische Operette gepachtet, und am 28. September fand die erste Operettenaufführung in dem nunmehr einzigen Leipziger Operettenhause statt. Leider hat man mit dem Umzug nicht wohlgetan, denn der Raum des Alten Theaters war intimer und die Akustik besser als in dem jetzt umgebauten und neu ausgeschmückten Operettentheater, das ursprünglich als Varietésaal gedacht war. Man begann nicht gerade glücklich mit der Uraufführung der Operette „Der tolle Kosak“, deren Musik von dem jungen Leipziger Komponsten Siegwart Ehrlich und deren Libretto von Bela Jenbach und Dr. Hans Hall stammt. Die Operette ist weder zu denen zu zählen, die eine edlere Form anstreben, noch zu denen, die nur durch Temperament und lustiges Durcheinander unterhalten wollen, sondern sie ist ein recht langweiliges und mühsames Werk. Die Musik ist zwar erträglich instrumentiert, und versucht alle banalen Herkömmlichkeiten zu vermeiden, aber sie muß doch temperamentlos, dünn und arm an Erfindung genannt werden. Die Darstellung und die Regie hatten sich sehr um die Operette bemüht, doch es fehlte allenthalben an Frische und Lustigkeit. Das Publikum, das sich nach dem ersten und letzten Akt ziemlich zurückhaltend verhielt, spendete nur dem zweiten Akt sehr lauten Beifall, der den Komponisten mehrfach auf die Bühne rief. Es erscheint mir zweifelhaft, ob sich in diesem wenig geeigneten Theater die Operette ernsthaft auf die Dauer pflegen läßt, und eine Konkurrenzoperette dürfte diesem städtischen Operettentheater recht gefährlich werden.
Anmerkung: Bislang konnte nicht belegt werden, dass sich hinter dem Pseudonym „Dr. Hans Hall“ definitiv Hans Bachwitz verbirgt. Vieles spricht aber dafür. Diese Operette könnte identisch sein mit der 1908 erwähnten „Kosakenliebe“, für welche Hans Bachwitz als Librettist benannt war. Dr. Hans Hall wird als „Leipziger Schriftsteller“ bezeichnet. Eine Person dieses namens gab es aber laut dem Adressbuch zu dieser Zeit in Leipzig nicht.