Anlagen
Künstlertheater „Apollo“ Mannheim
Erschienen in: Mannheimer General-Anzeiger, vom 04.08.1921, S. 3; Innsbrucker Nachrichten vom 04.12.1928, S. 9
Künstlertheater „Apollo“. Die Ansichten, diem in dem von Dr. Heinrich Meyer herausgebenen Buch „Eheurlaub“ entwickelt werden, finden dermaßen den Beifall von Frau Thekla Bollmann und ihrer Tochter Gerda, daß die Gatten der Beiden, Oskar Bollmann und Felix Mannhart, vier Wochen Eheurlaub erhalten. Wie und wo die beiden Schwerenöter den Urlaub verbringen, das sieht man sich am besten in Apollotheater an. Julius Horst hat in dem Dreiakter für viel Stoff zum Lachen gesorgt. Die gelungenste Figur ist eindeutig Frau Thekla, die Gatten und Schwiegersohn in der Sommerfrische aufstöbert, von dem dort grassierenden Flirt- und Liebesbazillus aber dermaßen infiziert wird, daß sie einem Kölner Dienstmann, der in der Maske eines „Barons“ zur Ablenkung verpflichtet worden ist, ihre spätsommerlichen Gefühle zuwendet. Kein Geringerer als Gilbert hat die von Hans Bachwitz verfaßten Gesangstexte in Musik gesetzt. Mit dieser Feststellung wird zugleich gesagt, daß diese Einlagen die Würze des Stückes sind. Durch besondere Charakteristik und gute Instrumentierung zeichnen sich die Schlager „Das ist der Sommer“ und „Das liegt im Blut“ aus. Die Wiedergabe des Scherzes konnte selbst verwöhntere Ansprüche befriedigen. Die größte Lachwirkung erzielte das burlesk-groteske Paar Brenken-Waterstradt (Thekla und Pseudobaron). Vor dieser unwiderstehlich komisch wirkenden Leistung verblaßte selbst die Komik Karl Blaß‘ etwas, der den älteren Schwerenöter ebenso flott gab, wie Fritz Grüner den jüngeren. Als brillante Darstellerin erwies sich wieder Lotte Nadler als Bollmanns zweite Tochter Emmi. Ilse Reinhardt (Gerda) und Willi Hofmann (Dr. Mayer) verdienen ebenfalls Lob und Anerkennung. Josef Siener, der den Kurdirektor gab, hatte es verstanden, in die Aufführung einen flotten, lebendigen Zug zu bringen, ohne dabei in Uebertreibungen zu verfallen, zu denen das Stück leicht verleiten kann. Eugen Monson dirigierte die Gesangseinlagen mit Sorgfalt und Schwung. Wer recht herzlich lachen will, sollte den „Eheurlaub“ nicht versäumen.
Stadttheater Innsbruck
Erschienen in: Innsbrucker Nachrichten vom 04.12.1928, S. 9
Eheurlaub. Schwank in drei Akten von Julius Horst. Gesangstexte von Hans Bachwitz. Musik von Jean Gilbert. Erstaufführung am Stadttheater am 1. Dezember.
Der Schalksnarr erscheint immer im bunten Lappenkleide. Und doch verbirgt sich hinter Schellengeklirr und Pritschenschlag oft tiefe Wahrheit. Auch der Schwank ist nichts anderes als eine Narrenkomödie, die im Spiegelbild ausgelassenen Humors die Verkehrtheiten und Schwächen der Menschen offenbart. Tausendfach ist das Thema von der „Ehefessel“ schon variiert worden und doch gewinnt keck zugreifender Spott diesen stets aktuellen Stoff immer wieder eine neue Seite ab. Im bunten Wirbel läßt der Autor die Ereignisse eines „Eheurlaubs“, der eigentlich nur dazu da ist, den sich nach Freiheit sehnenden Ehemännern zu beweisen, daß es zu Hause doch am schönsten sei, an uns vorüberziehen, voll schlagkräftiger Situationskomik , mit alten und neuen Einfällen garniert. So ist der Zweck des Stückes erfüllt, man erkennt sich selbst, erkennt seine geheimsten Schwächen und Wünsche wieder, lacht, unterhält sich famos und geht befriedigt nach Hause. Ebenso wenig wie der Inhalt des Schwankes einen Anspruch auf auf künstlerische Wertung erhebt, verlangt dies auch die Musik des Hamburgers Max Winterfeld oder wie er mit seinem Pseudonym heißt: Jean Gilberts. Eine leichte, aber einschmeichelnde Musik, die sofort in den Besitz des Hörers übergeht, besonders wenn eine gute Aufführung dafür sorgt. Direktor Ady Berger als Regisseur und Anton Dewanger als Kapellmeister hatten sich für eine solche bemüht, denn es ging alles wie am Schnürchen. Josef Hauschulz war als köstlicher Schwerenöter „Vollmann“ im richtigen Fahrwasser und Ady Berger zeigte als „Dienstmann Nr. 64“ trotz aller drastischen Darstellungskunst wieder einmal, daß er in jener, seit Nestroy und Girardi noch immer lebendigen Wiener Komiker-Tradition aufgewachsen ist, die auch die gemütvolle Seite erfaßt. Das bewies er durch den imponderabilen Takt, mit dem er den stürmischen Liebeswerbungen der aus der „contenance“ geratenen „alten Schraube“ (Thekla), die Lilly Mottony mit großem Lacherfolg spielte, zu begegnen mußte. Anny Rainer gab die „Gerda“ mit entzückender Noblesse, während Mizzi Lackenbauer als herziger flotter Backfisch „Erni“ ihrem Soubrettenfach alle Ehre machte, nicht minder wie Philipp Wenning als „Gerdas Gatte“ in Spiel und Gesang seine sympathischen Eigenschaften zur vollen Entfaltung brachte. Auch Arthur Stiege hielt sich recht wacker, charmant war Anny Arden als „Blanka Randolf“, tüchtig halfen auch alle übrigen Mitspieler sowie Chor und Orchester zum vollen Erfolg mit. Das Duett „Ehefreuden“ (Hauschulz-Wenning), „Ich bin gescheit, ich bin gefeit“ (Rainer-Wenning), das Ensemblelied „Im Sommer hab‘ ich meine beste Zeit“ und das Duett „Ach, wie gut so ein bißchen Liebe tut“ (Mottony-Berger) und das Duett „Extrapost“ (Lackenbauer-Stiege) werden noch länger in manchen Ohren angenehm nachklingen. Das Haus war ausverkauft und geizte nicht mit wohlverdientem Beifall.
T.