dr. jur. Hubert Lang

Hans Bachwitz

Modernes Theater Wien
Erschienen in Wiener Zeitung vom 31.10.1926, S. 9

Das Lustspiel „Das Fräulein ohne Namen“ von Hans Bachwitz ist eine geschickte Nachahmung einer leichten amourösen Abendunterhaltung, wie sie die Franzosen mit Meisterschaft auf das Theater stellen. Hans Bachwitz ist kein Verneuit, kein Sacha Guitry und schon gar nicht ein Paul Géraldy, aber er hat seine Qualitäten, die, würde er sie wirklich kultivieren, den Erfolg eines Stückes bis zum Schluß festhalten könnten. Das Lustspiel vom „Fräulein ohne Namen“ hat zwei ausgezeichnete Akte und einen leider sehr schwachen dritten. Mädi, das Fräulein ohne Namen, hatb sich in den Herrn Dr. Felix Leitner sterblich verliebt; mit jener Energie, Unentwegtheit, Vorurteilslosigkeit und Kühnheit, die modernste junge Damen kennzeichnen, geht sie darauf aus, ihn zu erobern. Ein fingierte Autounfall bring sie in die Wohnung des jungen Mannes, wo sie in eine schwere Psychose verfällt; dieser Geisteszustand äußert sich sehr nett und munter, nur leider ihren Namen und ihre Herkunft hat sie völlig vergessen – bis der Papa ihr aus dem Traum hilft! Auch dieses Papa ist sehr vorurteilslos; er findet sich mit dem Streiche seiner Tochter in Laune ab, hilft ihr, daß sie im dritten Akt richtig zu ihrem Dr. Leitner kommt.
Herrn (Eugen) Jensens lautlose, geistvolle und wirklich elegante Art, Pointen zu bringen, brachte den zweiten Akt zu beinahe literarischer Bedeutung; Jensen schliff Pointen aus einem Minimum von Witz. Sehr nett war auch als kleines Fräulein ohne Namen Fräulein Kamilla Weber. Der offiziellen Braut gab Fräulein (Ida) Meixner sympathische und sichere Haltung. Den glücklichen Don Juan und geistigen Vetter des Schnitzlerschen Anatol gab Herr (Ludwig) Körner liebenswürdig, behend und mit Laune. Herr (Benno) Smytt war ein typischer Vertreter des Rudi – von Geburt und aus Stil schwach im Geiste, aber vollendet in den Manieren.
Das Publikum unterhielt sich ausgezeichnet und anerkannte die Neuheit des Modernen Theaters als den ersten Erfolg dieser Spielzeit.
H – r.

Modernes Theater Wien
Erschienen in: Arbeiter-Zeitung vom 31.10.1926, S. 13

Nach einer Reihe von Fehlschlägen hat Direktor Körner nun ein Stück gefunden, das seinem Theaterchen einen Erfolg brachte, ein nettes, sauber gezimmertes Lustspiel von Hans Bachwitz. Es heißt „Das Fräulein ohne Namen“ und bringt wieder einmal eine unternehmungslustige, kaprizierte, schnippische und schlagfertige Bankdirektorstochter auf die Bühne, die eine „Revolte des Herzens“ unternimmt, um dem väterlichen Ehebefehl zu entrinnen und den Mann ihrer Wahl zu erobern. Das ist alles nicht neu und nicht sonderlich interessant, wird hier aber mit viel Theatergeschick und einer Menge lustiger Dialogbosheiten so munter vorgebracht, daßm das anspruchslose Publikum eines Unterhaltungstheaters daran Genüge findet. Das Fräulein ohne Namen ist Kamilla Weber, sehr lieb, sehr herzig, zu lieb und zu herzig vielleicht für dieses wagemutige Mädel, dessen zielbewußte Energie da nicht ganz glaubhaft wird. Am besten ist Frau Weber, wenn sie in den Groteskton verfällt; dann wird der Abstand zu der Person und ihrem Tun bewußt und gerade in seiner Unwahrscheinlichkeit künstlerisch benützt. Die männliche Hauptrolle spielt Ludwig Körner mit feiner immer etwas gezwungen scheinenden Ungezwungenheit recht sympathisch; sonst ist nur Eugen Jensen auf der Höhe eines Wiener Theaters; rundherum lebt sich ein provinzialer Dilletantismus aus, der in der Johannisgasse jetzt immer häufiger wird. Das Publikum war sehr beifallsfreudig und konnte Direktor Körner für den Autor danken.