Anlagen
Lustspielhaus Berlin
Lustspielhaus: „Die Mausefalle“
Erschienen in: Deutsche allgemeine Zeitung vom 19.02.1921, S. 2
Dieser Schwank, den Hans Bachwitz und Hans Sturm für Arnold Rieck zu Dichten übernahmen, ist entfernt, ganz entfernt verwandt mit Hauptmanns „Biberpelz“, sozusagen dessen Uebersetzung ins Schwankmäßige und Berlinische. Nur ist er um zwei Akte, nämlich den ersten und dritten, zu lang. Man hätte aus dem zweiten Akt, und je einer Szene aus dem ersten und dritten einen einaktigen Sketch für ein Berliner Kabarett machen sollen. Der Inhalt des Schwankes? Der Kassenschrankfabrikant Griene wünscht sich einen Einbruch, damit nachgewiesen wird, dass seine Geldschränke absolut einbruchsicher sind. Er gewinnt, als sein eigener Kassierer maskiert, den eben aus Plötzensee entlassenen Giustav Bomke , alias Sprengjustav, für diesen Reklametrick, gerät aber dadurch in Verwicklungen, die nur das Genie des Sprengjustav zu lösen vermag.
Der Sprengjustav ist Arnold Rieck – eine fast unwahrscheinlich echte Figur aus Berlin N. Wie er dem seine Tresors rühmenden Fabrikanten als gelernter Geldschrankknacker so hinwirft: „Det Ding mach ick mit dem Büchsenöffner uff.“, wie er sich’s mit Zigarren und Schnaps bequem macht, wie er dann beim Einbruch klaut, besonders aber, wie er die hochlöbliche Polizei an der Nase herumführt – ist prachtvoll. Sein Komplice, der bei sich selbst einbrechende Fabrikant Griene, wird von Emil Sondermann als richtige Schrankfigur gegeben; die Darstellung leidet jedoch unter der Kompliziertheit und Unwahrscheinlichkeit der Voraussetzungen. Herbert Paulmüller als Kassierer (der singt, wenn er als Stotterer ein Wort nicht herausbringt – „die reene Oper“, sagt Sprengjustav). Leona Hursky-Bergère als strenge Gattin und Richard Ludwig als Polizeiassessor können sich ein gut Teil Verdienst an dem Gelingen der Aufführung zuschreiben. Ach so, warum die Aufführung „Die Mausefalle“ heißt? Deshalb, weil sich der Fabrikant Griene in seiner Angst in seinem eigenen Geldschrank versteckt und dort fast erstickt.
O. B.
Pfauentheater: Die Mausefalle. (18. Mai)
Erschienen in: Neue Zürcher Zeitung, Nummer 737, 20. Mai 1921, S. 6
wti. Ein Schwank von bester Eignung für diese Tage, da sommerliche Wärme den leichten Stoff am Anzug wie auf der Bühne nahelegt. Ein Firmaprodukt der Herren Hans Bachwitz und Hans Sturm von echter Berliner Prägung, geschickt gefügt, mit dem Hauptakzent auf der Situationskomik. Dazu ein mit Spreewasser getaufter Dialog, der mit guten und schlechten Witzen, mit Geistesblitzen und Schnoddrigkeiten reichlich gefüttert ist. Die Fabel: einem Geldschrankfabrikanten wird seine Fürsorgetätigkeit für entlassene Sträflinge als Geschäftskniff ausgelegt, da seine Schützlinge aus Dankbarkeit vom Aufknacken seiner Erzeugnisse abständen und ihnen so den Ruhm konkurrenzloser Qualität verschafften. Griene, der Fabrikant, will diese Verdächtigungen dadurch widerlegen, daß er einem Einbrecher Gelegenheit verschafft, sich am neuesten Modell seiner Geldschränke zu versuchen. Wie er dabei zum Komplicen dieses Aufknackspezialisten wird, sich immer tiefer in den Einbruch im eigenen Kontor verwickelt und schließlich nur durch die Geriebenheit seines fachmännischen „Kollegen“ aus der Linie herauskommt, wird in den drei vergnüglichen Akten der „Mausefalle“ dargelegt.
Die flüssige Aufführung unter Regisseur (Wilhelm) Hellmuth-Bräms ließ die Mausefalle zur allgemeinen Zufriedenheit funktionieren. Das entscheidene Speckstück im Ensemble ist Herr (Egon) Neudegg als der von den Verfassern mit besonderer Liebe gezeichnete „Sprengjustav“. In Maske und Haltung das Prachtexemplar eines schweren Jungen, verbindet er im Spiel die Sicherheit und Ueberlegenheit des alten Praktikers mit einer selbstgefälligen Eleganz im Auftreten, die unwiderstehlich wirkt. Nur ein etwas lauteres Sprechen wäre dem trefflichen Darsteller zu wünschen. In der anstrengenden Rolle des Geldschrankfabrikanten bewährt Herr Kleinert sein vielseitiges Charakterisierungsvermögen aufs beste und erfreut zudem durch klare Diktion. Gutes bieten auch Herr Lenz als stotternder und singender Kassier, Frau (Marie) Hardung als preziöse Frau Griene, Frl. Ewald und Frau Fogarasi als edle Küchenfeen; des obligaten Liebespaares nehmen sich Frl. Reuffurth und Herr Martens mit Verständnis an.
Der Beifall war stark und von Blumenspenden begleitet. Den Freunden leichter Bühnenkost darf empfohlen werden, die Nase in diese ungefährliche „Mausefalle“ zu stecken.
Stadttheater Mönchengladbach
Ein Schwankabend: „Die Mausefalle“
Erschienen in: Westdeutsche Landeszeitung vom 19.11.1921, S. 1
M.Gladbach 18. Nov. 1921
Alle Jahre wieder, wenn die Pforten der Theater sich nach den Sommermonaten zu neuem Spiele öffnen, sind auch die Schwankfabrikanten mit ihren neuesten Schlagern zur Stelle. Irgendwo erblicken ihre Geisterkinder zuerst das Rampenlicht der Bretterwelt, und auf der Lachwelle seines Publikums, das das Vergnügen des „Urvergnügens“ an ihnen hat, treten sie dann den Saisonsiegeszug über die deutschen Bühnen an. Heute an dieser Pforte pochen sie, morgen an jener, aber noch keine hat sich ihnen streng verschlossen – Geschäfts- oder Kulturtheater. Das Volk will seinen Spaß – und soll ihn haben. Was plagt ihr armen Toren von hungernden Dichtern viel zu höherem Zweck die holden Musen. … Einen Reißer von Schwank schreibend, ist heute die einzige geistige Arbeit, mit der noch ein Geschäft zu machen ist. Und seht nur hin, für wen ihr schreibt! Wie harmlos und anspruchslos sind die Leutchen, mögen sie im Leben auch die ärgsten Nörgler sein. Im Lachkrampf erstickt jede Kritik. Der Mensch wird gut. Wie schnell und gründlich haben sie vergessen, was sie im vergangenen Jahre belachten. Sonst müßten sie nämlich längst bemerkt haben, daß ihnen, unter wechselnden Namen und nur ein wenig anders gewürzt, Jahr für Jahr dasselbe Gemüse vorgesetzt wird. Höchstens, daß der Lachbazillus seinen Angriffspunkt verschoben hat und etwa in dem Falle der von Hans Bachwitz und Hans Sturm gezimmerten „Mausefalle“ statt von einem plötzlich auftauchenden illegitimen Nachkommen vom „Sprengjustav“, dem jüngsten Mitglied des Fürsorgevereins für entlassene Sträflinge „Neues Leben“, aus das Zwerchfell des Publikums mit einem Trommelfeuer von Situationskomik erschüttert. Der eigentliche Held des Stückes aber ist Herr Emil August Griene, Vorsitzender jenes Vereins und Besitzer einer Geldschrankfabrik. Hebbel sagt einmal, der Geld einer Komödie sei immer leidender Held. „Die Mausefalle“ ist zwar keine Komödie, aber was ihre Verfasser an Ängsten und Nöten über ihre Helden kommen lassen, von dem Augenblick an, wo ihm sein ahnungsloses Töchterchen den teuflischen Gedanken eingibt, den Sprengjustav zu einem Einbruch in sein Büro und das dort aufgestellte neueste Modell seiner Geldschrankfabrik, „Die eiserne Jungfrau“ zu engagieren – das rührt selbst das verhärteste Kritikerherz zum Lachen. Für Konrad Loemke, in dessen geschickter Hand auch die Spielleitung lag, war dieser Griene wieder einmal eine Gelegenheit, sein komischer Vollblut mit Laune und Routine zu tummeln. Willi Kohl wußte seinen Sprengjustav die ungeteilte Sympathie des Publikums zu sichern, die solchen Jungens in der Welt des Scheins immer rasch zufliegt. Er hätte durch einen trockneren Ton und phlegmatischeres Spiel noch kräftigere Wirkung erzielen können. Hugo Knappe-Thannhäuser gab einen stotternden Kassierer, der zur größten Belustigung auch sang, wenns nicht mehr anders ging. Hans Pauli, Käthe Sanden und Frau Andree-Huvarth vertraten mit gutem Gelingen übliche Schwanktypen.
Das ganze Haus war eitel Freude und kargte nicht mit dankbarem Beifall.
Zum Schluß eine kleine Anregung an die Intendanz: Auch ein Schwank kann volkserzieherisch wirken. „Die Mausefalle“ gehört allerdings zu jener Gattung, deren einziger Zweck ist, die Leute zum Lachen zu bringen. Neuerdings aber haben zwei Schwankfirmen zwei Stücke herausgebracht, die auf die abgedroschenen Familienblattwitze verzichten und in sehr frischer und witziger Weise Narrheiten unserer Zeit verspotten. Impekoven und Mathern haben in der Zeitschnurre „Ab dafür“ oder „1919“ eine tolle Schieber- und Revolutionskomödie geschaffen. Max Reimann und Otto Schwarz in „Börsenfieber“ ein nicht weniger aktuelles Thema erfolgreich aufgegriffen. Beide Schwänke sind bereits an vielen deutschen Bühnen gespielt worden. Wenn also schon „geschwankelt“ werden muß, dann bitte auch für uns einmal eine würzigere, zeitgemäßere und nützlichere Belustigung, als diesen Mausefallenscherz.
Viktoriatheater in Dresden
„Die Mausefalle“
Erschienen in: Sächsische Staatszeitung, Staatsanzeiger für den Freistaat Sachsen vom 03.02.1922, S. 6
Im Viktoriatheater gibt auch im Februar der kölnische Charakterkomiker Jean Blatzheim den Ton an, nachdem er den ganzen Januar hindurch ein vielgeplagtes Opfer der „Zwangseinquartierung“ war. Diesmal verzapft er mit seiner schauspielerisch recht leistungsfähigen Gesellschaft den dreiaktigen Schwank „Die Mausefalle“, als dessen Verfasser sich Hans Bachwitz und Hans Sturm bekennen. Beiden „Hänsen“ darf nachgesagt werden, daß sie sich auf das Rezept der Schwankfabrikation verstehen. Der Ulk setzt schon in den ersten Szenen ein und steigert sich von Akt zu Akt, wenngleich gegen den Schluß das Witzbächlein etwas langsamer dahin fließt. „Die Mausefalle“ ist nichts weiter als eine Geldschrankreklame; um einen feuer- und diebessicheren Tresor handelt es sich, dessen Erzeuger es gern sähe, wenn ein zünftiger „Knacker“ mal seine Geschicklichkeit an diesem Eisernen – natürlich vergeblich – versuchte. Aber die Sache kommt ganz anders und endet mit der unvermeidlichen Verlobung der hübschen Fabrikantentochter mit dem ebenso netten Polizeiassessor, der die in dunkel gehüllte „gedrehte“ Einbrechergeschichte untersuchen sollte. Was sich alles bis zur Erteilung des schwiegerelterlichen Segens abspielt, läßt sich mit wenigen Sätzenn nichtg mitteilen – das muß man gesehen haben. Die Rolle des nie verlegenen Geldschrankfabrikanten Griene haben die beiden Verfasser Hrn. Blatzheim wie man im Bühnenrotwelsch sagt, „auf den Leib geschrieben“. Anscheinend fühlt es sich sehr wohl darin und gibt in seiner köstlichen Darstellungsart Anlaß zu wahren Lachstürmen. Eine Type stellt auch Richard Haase als „Sprengjustav“ auf die Bühne. Mit gleichem Erfolg sind die Damen Horst, Gloe, Sabitta und Stresen, sowie die Herren Heinze, Schiemann und Merczinski an der Aufführung beteiligt, die sich so flott abwickelte, als würde das lustige Stück mit seiner tollen Situationskomik nicht zum ersten Male gespielt.
Auch die Inszene war bis auf den recht primitiven Schreibtisch des doch vermutlich vermögenden Geldschrankfabrikanten recht lobenswert. Das Publikum, welches das beliebte Theater fast bis auf den letzten Platz füllte, nahm Stück und Darstellung mit schallender Heiterkeit auf und spendete Blatzheim mit seinen Getreuen reichen Beifall.
Schauburg-Theater in Bonn
„Die eiserne Jungfrau“ Schwank von Bachwitz und Sturm
Erschienen in: Generalanzeiger für Bonn und Umgegend vom 24.04.1924, S. 2
Der Geldschrankfabrikant Griene braucht einen „Einbruch“, um die Diebessicherheit seiner eisernen Jungfrauen, d. h. Geldschränke, darzutun. Er findet das nötige Subjekt hierzu, den Sprengjustav, der gewillt ist, den Einbruch zu fingern. Ehe es aber im Beisein des Fabrikanten dazu kommt, stürzen unvorhergesehene und tragikomische Ereignisse über Sprengjustav herein. Und schließlich, trotz aller Polizei ist Sprenjustav doch der Gefeierte, der lächelnd seinen Lohn für seine Hilfsbereitschaft einheimst.
Es handelt sich um einen unterhaltsamen Schwank, voll lustiger Einfälle. Direktor Peier Prang mimt den Sprengjustav. Wie er ihn mimt, ist höchst ergötzlich. Die übrigen Darsteller, vor allem Hugo Bettin, Ella und Lieselotte Schneider, Lore Rosenthal, Lotte Bettin, Otto Ahrens-Nielsen, Hilmar Marnach und Heinz Rader gaben der Aufführung frischföhlichen Schwung. Die „eiserne Jungfrau“ bleibt nur einige Tage auf dem Spielplan. Am Freitagabend verabschiedet sich Peier Prang und seine Gesellschaft für längere Zeit vom Publikum.
Corso-Theater Zürich
„Die eiserne Jungfrau“
Erschienen in: Der Bund, Band 90, Nummer 565, 3. Dezember 1939
Das ist ein urfideler Schwank , der am Freitagabend (01.12.1939) in Premiere über die Corso-Bühne ging! Er heißt „Die eiserne Jungfrau“ und hat Hans Bachwitz und Hans Sturm zu Verfassern. Und die Aufführung unter Albert Pulmanns Regie, von einem stürmischen Tempo getragen, ist unbändig komisch. Es wirken gleich drei Komiker: außer Pulmann noch Fritz Schulz und Waldmann, mit. Fritz Schulz ist als Filmkünstlerweithin beliebt. Der Mann spielt in köstlicher Laune einen Geldschrankfabrikanten, der durch eine Einbruchsanstiftung im eigenen Hause für seinen Tresor „Die eiserne Jungfrau“ Reklame machen will. Er engagiert zu dem Einbruch den „Sprengguschti“, den Albert Pullmann vorzüglich charakterisiert. Und Waldmann spielt einen sehr vergnüglichen Kassier, der nicht nur sehr brav ist, sondern auch stottert! Köstlich ist der Einfall mit dem „Wandbild“ im zweiten Akt, wo Fritz Schulz geradezu brilliert. Um das höchst ergötzliche Komiker-Dreiblatt gruppieren sich Angehörige und Dienerschaft des Hauses in flotter „Mittäterschaft“: die Damen Stettner und Berlinger als Frau und Tochter, die erstere wie stets von sehr resoluter Kampfnatur; Dorrit Kloster und Ellen Spieß (Dienstboten) und die Herren Langenhagen und Renner – Männer von der Polizei. Von A bis Z gibt es Stoff zum Lachen, d. h. zur Freude an Schwank und Darstellern. Das Programm sollte sich schon als allgemein zugkräftig erweisen!
„Die Eiserne Jungfrau“ im Corso
Erschienen in: Neue Zürcher Zeitung, Nummer 1372, 2. September 1941
Ergötzlicherweise handelt es sich in der Kompagnie-Arbeit von Hans Bachwitz und Hans Sturm um keine richtige Jungfrau; es wird darin auch nicht nach altem Schwankschema um die Untreue und Lasterhaftigkeit der Männer viel Lärm gemacht, denn das dramatische Objekt ist ein Kassenschrank, dessen Undurchdringlichkeit von der Kundschaft bezweifelt wird. Was tur der beleidigte Fabrikant? Er engagiert als Hausdiener einen vermeintlichen Sträfling und vereinbart mit einem Meister des Dietrichs, dem berüchtigten „Spreng-Gusti“, ein nächtliches Rendesvouz, in der Hoffnung, daß die übelbeleumdete Gesellschaft für sein Produkt indirekt Reklame schlägt. Es kommt jedoch alles anders, als er denkt, und die ganze Angelegenheit steigert sich bald zu einem heiteren Raubzug auf seine Habe; um deren Besitz er jedoch wie in einem Märchen weniger zittert als vor seiner Frau, die ihm die Hölle schon auf Erden heiß macht. Es ist eine durchaus possenhafte Angelegenheit, die sich im unpersönlichen Privatbureau des Pantoffelhelden abspielt. Aber der Regisseur hat für die Hauptrolle des „Spreng-Gusti“ einen derart hervorragenden Darsteller gefunden – nämlich sich selbst -, daß sie schon nach seiner geräuschlosen Entrée zu einem bekömmlichen Heiterkeitsbad wird. Es setzt sich fort, so oft er die Bühne betritt, um die Taschen des neuen Freundes zu leeren und seine Virtuosität als Einbrecher zu betätigen. Er tut dies mit herrlichen Selbstvertrauen und fast biedermännisch, obwohl er ein großer Halunke zu sein hat. Vom Gast in den Gastgeber sich verwandelnd, pfiffig das Amt des Nachtwächters antretend und als solcher alles gemütlich in den eigenen Sack stopfend, hält er sowohl die Zuschauer als auch die Zuhörer beständig in Spannung, denn sein Mundwerk ist ebenso witzig wie sein gutmütig-dreistes Gesicht und das Spiel der Gliedmaßen, die er sogar tänzerisch in Bewegung setzt.
So konzentriert sich das Interesse immer stärker auf diesen schauspielerisch virtuose Leistung. Willi Stettiner unterstützt sie als angegrauter Fabrikant mit schmunzelnden Verständnis, am lustigsten dort, wo er sich vor den Verfolgern in die Positur eines Porträts rettet und im Schlußakt als gänzlich Erschöpfter heimkehrt. Walpurga Gmür hält als häusliche Xantippe geschmackvolles Maß, Kurt Brunner als stotternder Kassier, Peter Staub als verliebter Polizeiadjunkt, Leni Tschudi als frohmütige Tochter und Lisa Lienbach als schwäbelnde Köchin machen den temperamentvollen Spaß munter mit.
Rudolf-Bernhard-Theater: „Die Mausefalle“
Erschienen in: Die Tat, 12. Mai 1944, S. 4
jg. Von den für das Mixen eines Schwankes vorgeschriebenen Rezepten haben die Autoren der „Mausefalle“, Bachwitz und Sturm, keines vergessen. So wäre man geneigt, in Abwandlung eines klassischen Verses auszurufen: da seid ihr wieder schwank-hafte Gestalten!
Jawohl, da sind sie! Dem Gelschrankfabrikanten , der einen eben aus der Strafanstalt entlassenen Erzgauner zum Einbruch animiert, um die Diebessicherheit seines Hauptmodells „Eiserne Jungfrau“ zu beweisen, verleiht Willi Stettners bereits sehr reiche Ausdrucksskala eine Reihe köstlicher und sehr sympathischer Züge. Und das ist gut so, denn seine herrische, dauernd mit Verdachtszenen auf dem Anschlag liegende Ehefrau (Walpurga Gmür) unternimmt gerade genug, um ihn zum jämmerlichen Pantoffelhelden zu stempeln. Kurt Baumann als Polizeiadjunkt, falscher Hausdiener und Freier des reizenden Töchterchens (Nelly Ruff) wird der dreifachen Aufgabe mit Ruhe und überlegenem Schneid gerecht. Fahren dann erst die beiden schwerkalibrigen Geschütze der Heiterkeit auf, dann ist der Lachsalven kein Ende; Pulmann/Langenhagen heißt das Kanonenpaar. Bereits der Anblick des Erstgenannten verursacht Zwerchfellerschütterungen, und es paßt ausgezeichnet zu dieser Karikaturzeichnung eines Gangsters, daß er den Stumpen in der Maulecke festklammert, während er den Cognac hinunterspült. Seinen Verbrecherjargon haben selbst Leute mit normalen Sinnen schwer zu verstehen, geschweige denn den stotternden Langenhagen als Pi-pipi-pich. Auf dem Höhepunkt des nächtlichen Spektakels erscheinen Lisa Lienbach und Ellen Spieß als Köchin und Dienstmädchen in den Nachtgewändern, doch nur um sich schleunigst mit hysterischen Aufschreien vor dem drohenden Unheil wieder in ihre Gemächer zurückzuziehen. Dem guten Guggi bleibt es nicht erspart, für ein weiteres Mal die Rolle des versagenden Kriminalkommissars zu übernehmen. Das Haapy-End vermag er aber nicht aufzuhalten: denn im Brustkasten des oben erwähnten Einbrecherkönigs schlägt das Herz eines Edelmannes.
Corso-Theater. „Die eiserne Jungfrau“. Schwank in drei Akten von Bachwitz und Sturm; in den Hauptrollen: Albert Pulmann und Willi Stettner
Erschienen in: Berner Tagwacht, Band 52, Nummer 153, 3. Juli 1944
Ein Ensemble des kleinen Rudolf-Bernhard-Theaters kam aus Zürich, um den Bernern zu zeigen, wie man auf unserer gemütlichen, von Bier- und Zigarettendunst erfüllten Corso-Bühne dezent und in reizender Dekoration einen Schwank spielen kann, der solcherart dargestellt, seine Derbheit verliert und zu einem richtigen, netten Lustspiel wird. Und das will viel heißen! Denn nur allzuoft werden uns Schwänke von überehrgeizigen Komikern so übertrieben und unnatürlich serviert, daß man für längere Zeit den Geschmack an dieser Kunstgattung verliert, es sei denn, der Name eines besonders renomierten Komikers lockt auf dem Programm. Nun, der Schwank „Die eiserne Jungfrau“ enthält gleich zwei Bombenrollen für Hieterkeit spendende Künstler, die mit Willi Stettner und Albert Pulmann glanzvoll besetzt sind. Da sich auch die anderen Mitglieder des Ensembles durch schwungvolles Spiel und Dialog den Hauptdarstellern aufs beste „koordinieren“, so wird die ganze Aufführung zum restlosen Vergnügen für die Zuschauer; nur schade, daß am Premierenabend des sommerlichen Wetters wegen so wenige dieses Vergnügens teilhaftig wurden. Wir wollen hoffen, daß jetzt, wo auch der Burgerratssaal seine Pforten für diese Saison geschlossen hat, ein theaterfreudiges Publikum sich im Corso für den Ausfall anderer ähnlicher Veranstaltungen schadlos halten wird.
Gehört „Die eiserne Jungfrau“ auch zu den älteren Schwänken, so weicht sie doch durch originelle Einfälle von der Schablone ab. Vor allem sei bemerkt, daß die „Titelheldin“ ein riesiger Geldschrank ist, der von seinem Fabrikanten, Herrn Fabian, erst erbrochen werden muß, um seine wahre Güte zu beweisen. Wie dieser sich zu diesem Zweck des Obergangsters Gustav Spreng bedient und wie diese „Allianz“ zu den komischsten Auftritten führt, sei nur kurz erwähnt. Der Inhalt des Stückes ist an sich ja gar nicht so wichtig. Sehenswert bleibt das charmante Spiel Willi Stettners in seinen vielfachen Verlegenheitsmomenten und die einfallsreiche und bewegliche Munterkeit Albert Pulmanns, die sich beide in ihrer Komik überbieten. Ebenso erheitert die ausgezeichnete Charge von Fred Langenhagen als stotternder Kassier Pippich. Alice Lach verrät als Fabrikantengattin kultiviertes und gewandtes Spiel. Das unvermeidliche Liebespaar wird von Nelly Ruf und Kurt Baumann erfreulich munter dargestellt. Ditta Braig als Dinestmädchen und Egon Renner als Kriminalkommissar vervollständigen dieses gut zusammengestellte Ensemble, das unter Pulmanns Regie auf jeder Großstadtbühen erfolgreich gastieren könnte.
Th. Br.