dr. jur. Hubert Lang

Hans Bachwitz

Residenztheater Dresden
Ein armer Musikante
Erschienen in: Sächsische Staatszeitung vom 05.05.1919, S. 5

Erich Berkens der Komponist der Operette „Ein armer Muskiante“, die vorgestern abend im Residenztheater zur Uraufführung gelangte, macht sein hübsches Talent dem Geschmack des breiten Publikums dienstbar und hat deshalb den Erfolg auf seiner Seite. Es kommen Melodien in der Operette vor, die auch dem ungeübten nur halbwegs musikalischen Ohr sich als fixe Idee aufdrängen, sodaß man tagelang mit ihnen belastet umher gehen muß. Das breit Publikum stimmt dem Komponisten bereitwilligst zu, der ihm so leicht eingängige Melodien liefert. Das tut Berkens in reichem Maße. Daß er Talent und wertvollere Einfälle hat, hört man aus einzelnen Stellen der Partitur heraus. In Berechnung des Kassenerfolges bewegt er sich aber in der Hauptsache in leichtem komischen oder rührungsvollen Geplauder. Jedenfalls hat er Geschick, einen hübschen Text in eine leichte Musik einzuspinnen. Das Textbuch, das Dr. Hans Bachwitz zum Verfasser hat, ist geschickt zusammengestellt. Es stellt dem Komponisten und dem Regisseur dankbare Aufgaben und wirkt auf die Zuhörer erheiternd und rührend. Die Aufführung, unter Spielleitung Direktor Karl Witts, war vorzüglich. Die dankbaren Hauptrollen wurden von Johanna Schubert, Lotte Koch, Hans Jastorff, Carl Sukfüll und Willi Karl darstellerisch und gesanglich gut durchgeführt. Man freut sich darüber, daß Johanna Schubert immer fester mit ihrem Rollenfach verwächst. Ihr Stimme hat zusehends an Umfang und Wohlklang gewonnen und ihre Aussprache ist beinahe tadellos geworden. Dabei ist ihr Spiel durch große natürlich Anmut begünstigt. Lotte Koch ist eine liebenswürdige komische Darstellerin und wächst zur ebenbürtigen Darstellerin des stets in der Güte seiner Leistungen sich gleichbleibenden Karl Sukfüll heran. Auch die Stimme Hans Jastorffs hat gewonnen. Er hat einen umfangreichen wohlklingenden Tenor, den er zuweilen leider durch unnötiges Drücken in seiner Wirkung beeinträchtigt. Willy Karl, unentbehrlich als Charakterkomiker, überragend im Spiel, versteht sich trefflich zu schminken und leistet auch stimmlich Gutes. Die fünf Matadoren wurden durch die Vertreter der Nebenrollen, den Chor und die Kapelle, unter der sicheren Leitung Friedrich Korolanyis wirkungsvoll unterstützt. Einige der Schlager mußten auf Drängen der Zuhörer wiederholt werden, die Darsteller wurden reich mit Blumen bedacht, und der Komponist konnte sich neben Direktor Witt mehrfach zeigen.