dr. jur. Hubert Lang

Hans Bachwitz

Hans Bachwitz +

Am Dienstagabend ist in Berlin der Leipziger Lustspieldichter Hans Bachwitz an einem Herzschlag gestorben. Bachwitz war ursprünglich Jurist, übte aber seit einer Reihe von Jahren seine Anwaltspraxis nicht mehr aus, sondern widmete sich ausschließlich schriftstellerischen Arbeiten.
Er war durch den Komponisten Jean Gilbert zur Literatur gekommen: Gilbert wählte aus einer Reihe ihm eingesandter Libretti das des damals noch völlig unbekannten Leipziger Autors, brachte diesen mit dem alten Schwank-Routinier Georg Okonkowski zusammen, mit dem Bachwitz dann seinen ersten großen Schlager „Die blonden Mädels vom Lindenhof“ schrieb. Eine Zeitlang arbeitete er mit Rudolph Lothar und Hans Sturm zusammen; mit dem erstgenannten schrieb er u. a. das vielgespielte Stück „Die japanische (sic!) Puppe“, mit Sturm „Liebe und Trompetenblasen“.
Viele seiner ohne Sozius geschriebenen Werke sind Welterfolge gewesen; so das im vorigen Jahr gleichzeitig in New York, Amsterdam und Lodz gespielte „Yoshiwara“. Auch „Galante Nacht“, „Kitty und die Weltgeschichte“, „Henkersmahlzeit“ waren internationale Erfolge.
Neben seiner bühnenschriftstellerischen Tätigkeit widmete Bachwitz sich vorwiegend der Plauderei. Drei Bücher „Prozesse und Paragraphen“, „Bibimatz“ und „Reinfälle mit Damen“ sind aus solchen feuilletonistischen Arbeiten entstanden.
Bachwitzens Bühnenstücke standen – bei aller routinierten Theatermache – turmhoch über den Produkten der nur witzelnden Situationskomiker. Er pflegte einen pointenreichen Dialog, der seinen Heiterkeitswert aus sprachlichen Möglichkeiten schöpfte; war der Situationseinfall der primäre („Galante Nacht“) oder überhaupt das erregende Moment der Handlung („Kitty und die Weltgeschichte“), baute er auf diesem Fundament weiter, charakterisierte sprachlich und war von schwankhafter Oede meilenfern. Bisweilen spielte er mit seiner technischen Virtuosität besser mit seiner Technik, erschöpfte spielerisch die handwerksmäßigen Gegebenheiten seines Stoffes und zog aus ihnen neue Einfälle, unvermutete Wendungen.
Zum echten Humoristen fehlte seinem spöttischen Wesen die verzeihende Güte: er lachte über die Mitmenschen, nicht mit ihnen. Ein Manko? Nein, eine Eigenschaft, die ihn menschlich nicht weniger sympathisch erscheinen ließ.
Kurz vor seinem Tode vollendete er zwei neue Lustspiele „Minna und das Plagiat“ und „Blaubusch und Co.“, die in Berlin uraufgeführt werden sollen. Außerdem wollte er im kommenden Winter in Berlin als Leiter zweier Bühnen tätig sein. Sein früher Tod (er ist nur 45 Jahre alt geworden) hat diese Pläne zunichte gemacht. Ich habe hier neulich bemängelt, daß man in Deutschland das Lustspiel von oben herab ansehe. – Bachwitz war ein Autor, der das nicht verdiente. Deshalb und weil ich das Theater liebe, beklage ich seinen Tod.

R. A. Sievers