Anlagen
Das Pseudonym
Der bekannte Berliner Schriftsteller Georg Schmonsky – er ruhe sanft! – und meine Wenigkeit hatten einen Schwank verfaßt unter dem Titel „Die blonden Mädels vom Lindenhof“, und wir sahen der Uraufführung nicht ohne ernsthafte Besorgnisse entgegen. Insbesondere versprach sich Georg Schmonsky einen geradezu fabelhaften Durchfall.
Acht Tage vor der Exekution berief Schmonsky eine außerordentliche Generalversammlung, in der auf seinen Antrag einstimmig beschlossen wurde, das Stück unter einem gemeinsamen Pseudonym zugrunde gehen zu lassen. Georg schlug vor, daß wir uns schlicht und bieder „Walter Heim“ nennen sollten.
So geschah es auch. Aber – wer beschreibt unser horizontales Erstaunen? Das Stück hatte einen sensationellen Erfolg, und die Kritik tauchte ihr Erstaunen in eitel Sonnenschein. Georg Schmonsky umarmte mich vor Freuden. Ich weinte stumm ergriffen.
Drei Tage später weinte ich wieder. Diesmal vor Wut. Hatte doch der findige Georg auf die Plakate drucken lassen:
„Die blonden Mädels vom Lindenhof“
Schwank in drei Akten
Von Georg Schmonsky.
So lüftete er einerseits das Pseudonym und deckte andererseits den Mitarbeiter zu.
Es stellte sich bei der Befragung namhafter Juristen heraus, daß ich vollständig im Rechte war und einen Prozeß auf Mitbenennung als Autor unbedingt gewinnen mußte. Kein Rechtskundiger war anderer Ansicht.
Darauf sah ich seufzend von Anstellung einer Klage ab, denn ein Prozeß, der mit hundert Prozent Wahrscheinlichkeit gewonnen werden muß, ist etwas Wunderbares. Ich glaube nicht an Wunder.